Der Lurch stolpert im Galopp, es läuft nicht mehr rund im Ausschlachten des einstigen Erfolgstitels A Better Tomorrow – der Streifen, der mit einem Schlag Chow Yun-Fat, John Woo und das Heroic Bloodshed Genre berühmt machte. Der 2. Teil geriet immerhin noch zu einer blutigen Schlachtplatte des enthemmten Gemetzels, die jedoch durch Tsui Hark dominiert wurde. Hark verwies John Woo in die Rolle des Erfüllungsgehilfen, der nur im Finale die Hoheit über seinen Film zurückbekam. Hier durfte der Meister dann endlich an den Schneidetisch und verzweifelte an den ersten Zweidrittel des Films. Umso rabiater gelang ihm das blutigste Finish Hongkongs. War es Rache an Tsui Hark? Wer weiß. John Woo bezeichnete A Better Tomorrow 2 als den schlechtesten Film seiner Karriere und schrieb trotzdem den ersten Entwurf für einen dritten Teil, der als Prequel zum ersten Film gedacht war und im Vietnamkrieg spielen sollte. Doch die Diskrepanz zwischen den Filmemachern war so groß, dass John Woo ausstieg und Tsui Hark das Ruder in die Hand nahm. CARGO RECORDS brachte den Gassenhauer in einem Mediabook heraus, dass alle drei Schnittfassungen des Films enthält. Die Cover A-Variante ist besonders schön geraten, hier hätte ich gerne das Plakat!
Originaltitel: A Better Tomorrow III – Love & Death in Saigon / Ying hung boon sik III: Zik yeung ji gor
Regie: Tsui Hark
Darsteller: Chow Yun-Fat, Tony Leung Ka-fai, Anita Mui, Shih Kien, Maggie Cheung, Saburo Tokito, Kirk Wong, Andrew Kam
Artikel von Kai Kinnert
Vietnam 1974, kurz vor Ende des Krieges. Trotz unterzeichneter Waffenstillstandsabkommen gehen die Kämpfe in Thailand unvermindert weiter. Trotzdem entschließt sich Mark ein letztes Mal in seine Heimat zu reisen. Dort versucht er seinen Onkel vor der kommunistischen Gefahr zu retten. Stattdessen gerät er jedoch in Konflikt mit Gangstern und dem Vietcong.
Da John Woo nun aus dem Projekt ausgestiegen war, konnte er sich ganz seiner nächsten Produktion widmen, die ebenfalls in Vietnam spielen sollte: Bullet in the Head (1990). So kam Tsui Hark für A Better Tomorrow 3 zurück auf den Regiestuhl. Produktionsanekdoten zufolge schlief er oft auf dem Regiestuhl ein und überließ seinem Actionchoreografen die Inszenierung etlicher Szenen. Daran war allerdings nicht ein Desinteresse seitens Hark Schuld, sondern das enorme Arbeitspensum, denn Hark hatte gerne mehrere Filme gleichzeitig auf der Herdplatte. 20-stündige Drehtage waren damals keine Seltenheit.
Vielleicht hätte er dann doch weniger am Set schlafen sollen, denn so verpasste er es, seinen Film symbiotisch in die A Better Tomorrow Reihe einzufügen. Hark verweigerte den prägenden Stil der Vorgänger und verzichtete zugleich auch noch auf einen eigenen. Inhaltlich zerfranst und mit ettlichen Längen versehen, treibt der Film ohne besondere Eigenschaften vor sich hin. Tsui Hark fremdelt irgendwie und schraubt so die Sache auf ein zahnloses Franchise herunter. Es platzt kaum ein Blutbeutelchen in den Hemden der Stuntmen! Verglichen mit A Better Tomorrow 2 ist dieser Rückschritt wirklich eine Überraschung. Stattdessen versuchte sich Hark in der Charakterisierung der Filmfiguren und verlor so das Gespür für ein inhaltliches Timing und vergaß im ausufernden Drehbuch beinahe die Action. Es ist das letzte Drittel, das den Film in die Action zurückholt und das Bloodshed-Kino zitiert, ohne jedoch dabei Blut zu vergießen. Tsui Hark findet erst spät in den Film zurück.
Doch der Film hat auch seine Stärken. Allen voran ist es Anita Mui, die den Film rettet. Sie ist eine gute Schauspielerin und es macht Spaß, sie auf der Leinwand zu sehen. Die Action steht ihr. Natürlich hat der Film auch einen melodramatischen Popsong, der immer wieder angespielt wird und von Anita Mui gesungen wurde: Song of the Setting Sun. Der Song ist ein echter Klassiker des Canton-Pop und ziert rührend das Finale zwischen Chow Yun-Fat und Anita Mui. Auch sonst ist die Filmmusik gut gelungen. Die Hubschrauber-Szene gehört mit zu den wachen Momenten Harks, hier schwingt sich der Film zu seinen besten Minuten auf.
A Better Tomorrow 3 verbringt viel Zeit im Melodram seiner Beziehungen und findet sich nur verhalten und mit viel Zeitlupen in der Action ein. Gelungen sind Hark die größeren Szenen mit vielen Komparsen, wobei in Vietnam etliches ohne Drehgenehmigung und nur mit reichlich Schmiergeld an örtliche Polizisten gedreht werden konnte. Die Straßenszene am Anfang, und die Flugplatzszene am Ende, sind Hark am besten gelungen. Dennoch ist es der schwächste Film der Reihe. Jedoch. Wer sich auf die längeren Dialoge einlassen mag, wird mit ausreichend Old School HK-Feeling durch Chow Yun-Fat und einer gekonnt aufspielenden Anita Mui belohnt.
Das Bild der Blu-ray ist unterschiedlich. Die Hongkong-Fassung und die Video-Fassung haben Streifen im Filmmaterial, die Taiwan-Fassung ist am saubersten. Auf der DVD befindet sich nur die Hongkong-Fassung. Der Ton ist gut (zwei Synchronfassungen sind enthalten). Als Extras gibt es, neben den drei Schnittfassungen, einen Trailer zum Film und ein 16-seitiges Booklet von Bruce Whitty.
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