Im vergangenen Jahr startete mit DIE DREI MUSKETIERE – D’ARTAGNAN (2023) eine Neuinterpretation des beliebten Abenteuerromanklassikers von Alexandre Dumas in den Kinos und fand vor allem in Frankreich sein Publikum. In Deutschland war dem als Zweiteiler konzipierten Mammutprojekt von Regisseur Martin Bourboulon allerdings kein überschwänglicher Erfolg beschienen, was nun darin mündete, dass Constantin Film den Kinostart von DIE DREI MUSKETIERE – MILADY (2023) cancelte und die Fortsetzung der Geschichte nun direkt im Heimkino ausgewertet wurde. Schade für diejenigen, die das Mantel-und-Degen-Spektakel auf der großen Leinwand sehen wollten, verdient hätte es die französisch-deutsch-spanische Ko-Produktion allemal. Warum es sich hierbei um ein gelungenes Follow-Up handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Les trois mousquetaires: Milady
Drehbuch: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patteliére; nach dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas
Regie: Martin Bourboulon
Darsteller: Francois Civil, Vincent Cassel, Romain Duris, Pio Marmai, Eva Green, Vicky Krieps, Louis Garrel, Lyna Khoudri, Eric Ruf…
Artikel von Christopher Feldmann
Wenn altbekannte Stoffe neu aufgelegt werden, macht sich immer eine gewisse Skepsis breit, vor allem wenn schon zahlreiche Adaptionen existieren und so ziemlich jeder Zuschauer seinen persönlichen Favoriten hat. Gerade im Fall von Alexandre Dumas weltbekannter Geschichte um die Leibgarde des französischen Königs, die die Machenschaften des sinisteren Kardinals aufdecken, ist die Auswahl groß. Während die einen auf die humorvoll angelegte Trilogie mit u.a. Oliver Reed, Richard Chamberlain und Michael York schwören, kommt für die anderen niemand an der 93er US-Verfilmung vorbei, in Charlie Sheen, Kiefer Sutherland, Chris O’Donnell und Oliver Platt zum Degen greifen. Lediglich die 2011 erschienene, action- und effektlastige Adaption von RESIDENT-EVIL-Mastermind Paul W.S. Anderson dürfte bei jedem Musketier-Fan durchgefallen sein. Im Falle von der Neuauflage, die im vergangenen Jahr in den Kinos startet, waren sich allerdings viele Zuschauer einig, dass es sich hierbei um eine vorlagengetreue aber zeitgemäße Neuverfilmung handelt, die zudem mit großartig choreographierten und inszenierten Kampfsequenzen aufwartet. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache, denn bei über 70 Millionen Euro Produktionsbudget (beide Filme wurden Back-to-Back gedreht) konnte der Zweiteiler die Gewinnzone leider nicht erreichen. Dennoch ist es schade, dass DIE DREI MUSKETIERE – MILADY (2023) angesichts seiner Qualitäten der Kinostart in Deutschland verwehrt wurde und Fans des Vorgängers nun lediglich zur Blu-ray greifen können, denn die Fortsetzung macht eigentlich keine Fehler liefert genau Das, mit dem der erste Teil auch schon glänzen konnte.
Handlung:
Das französische Königreich ist in zwei Lager gespalten, als sich zwischen den katholischen Royalisten und den protestantischen Republikanern ein Bürgerkrieg abzeichnet. Die royalen Musketiere Athos (Vincent Cassel), Aramis (Romain Duris) und Porthos (Pio Marmaï) müssen mitsamt ihres neuen Rekruten D’Artagnan (Francois Civil) inmitten dieses Tumults besonders auf der Hut sein und jederzeit mit einem Anschlag auf Ludwig XIII. (Louis Garrel) rechnen. Zudem werden vom machthungrigen Kardinal Richelieu (Éric Ruf) und seiner Spionin Milady de Winter (Eva Green) jede Menge Intrigen am Hofe des Monarchen gesponnen. So arbeitet das Duo an einem Komplott, das das alles andere als kampfbereite Land in einen Krieg mit England stürzen soll …
Inhaltlich wagt MILADY keine Experimente und knüpft ohne Umwege an das Ende von D’ARTAGNAN an und hält sich damit sehr eng an die Romanvorlage. Abermals treten die Musketiere, allen voran der ungestüme Kämpfer „D’Artagnan“, an, um Frankreich vor dem drohenden Bürgerkrieg zu bewahren. Dass der intrigante Kardinal „Richelieu“ im Hintergrund die Fäden spinnt, weiß bisher nur der Zuschauer aber es gibt noch mehr zu tun, immerhin muss die Vertraute der Königin, „Constance Bonacieux“ befreit und auch das Geheimnis um die mysteriöse „Milady De Winter“ gelüftet werden, die kräftig mitmischt. Ja, die Fortsetzung verschiebt den Fokus ein wenig auf die Beziehungen zwischen den Charakteren und die Ränkespiele im Hintergrund. Konzentrierte sich der Vorgänger noch mehr auf den geradlinigen Abenteueraspekt und die Gefechte, stehen nun die Intrigen und politischen Verwicklungen im Vordergrund.
Klarer Protagonist ist aber nach wie vor Musketier-Anwärter „D’Artagnan“, den der Zuschauer auf seiner Heldenreise begleiten darf. Das hat zur Folge, dass die übrigen Kollegen der Königsgarde etwas in den Hintergrund treten, denn während zumindest „Athos“ noch eine gewisse Funktion für die fortlaufende Handlung hat, verkommen die beiden verbliebenen Musketiere „Aramis“ und „Porthos“ vollständig zu Randfiguren, die einfach da sind, wenn der Film sie gerade benötigt. Das ist ein wenig schade, da somit der unterhaltsame Team-Aspekt und Reibung zwischen den Figuren verloren geht. Die Bühne gehört aber nicht nur „D’Artagnan“, sondern auch der „Milady De Winter“, deren Figur im Vorgänger noch sehr schemenhaft blieb. Gemäß dem Filmtitel bekommt diese nun wesentlich mehr zu tun und stiehlt dabei allen die Show. Ex-Bond-Girl und Parade-Femme-Fatale Eva Green verkörpert die skrupellose, durchtriebene aber auch ausgesprochen sinnliche Agentin des Kardinals mit der perfekten Mischung aus verschlagen und tragisch. Green hat zweifellos die dankbarste und aufregendste Rolle und meistert diese mit Bravour, vor allem da man als Zuschauer stets Verachtung für sie empfindet aber ihre Motive aufgrund ihrer Geschichte irgendwie nachvollziehen kann.
Gleiches gilt für Francois Civil, der erneut eine wirklich starke Figur als „D’Artagnan“ abgibt und auch in den Actionszenen abliefert. Alle anderen Charaktere bleiben dabei eher Randfiguren, was dem Flow der Geschichte allerdings keinen Abbruch tut, lediglich Éric Ruf als Oberbösewicht hätte etwas mehr Screentime und etwas mehr Fleisch auf den Drehbuchknochen vertragen können, denn obwohl er über Allem steht, bekommt er ausgesprochen wenig zu tun.
Stilistisch wirken beide Filme aber wie aus einem Guss. Dass der Fokus mehr auf dem Storytelling liegt und der Actionanteil etwas reduziert wurde, tut der Geschichte gut, denn die Gefechte und Zweikämpfe sind dennoch eine Wucht. Zwar setzt Regisseur Martin Bourboulon in MILADY weniger auf den One-Shot-Effekt, die Action ist jedoch nach wie vor wirklich stark inszeniert. In Zeiten, in denen sich solche Szenen größtenteils vor Greenscreen abspielen, wirken die Musketier-Filme wie eine Wohltat, handelt es sich doch noch um echtes Handwerk. Gleiches gilt für die Ausstattung, diese ist über jeden Zweifel erhaben, vor allem weil MILADY die Welt etwas öffnet. Spielte sich der Vorgänger weitestgehend in Paris und Umgebung ab, bekommt man hier deutlich mehr zu sehen und durch den Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken knallt es oft an allen Ecken und Enden, was dem Ganzen ein gewisses Tempo verleiht. Hier fährt der Film richtig auf und präsentiert pompöses Historienkino, on Location gedreht.
Die Blu-ray, die uns Constantin Film freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, punktet mit hervorragender Bild- und Tonqualität. Gerade optisch bekommt man satte Farben und eine detaillierte Schärfe, die das Produktionsvolumen nochmal verdeutlichen, der 5.1-Ton rumst relativ amtlich. In den Extras finden sich Featurettes zu dem Umfang des Projekts und zur Stuntarbeit, dazu gibt es noch ein paar Trailer.
Fazit:
DIE DREI MUSKETIERE: MILADY (2023) knüpft nahtlos an den Vorgänger an und bietet die gleichen Stärken, auch wenn es etwas mehr Intrigen und Ränkespiele gibt und die hervorragende Action ein wenig reduziert wurde. Schade, dass das Mammutprojekt in Deutschland kaum Aufmerksamkeit bekommt und auch international nicht der erhoffte Kassenhit war, für interessierte Fans lohnt es sich aber allemal.
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