Noch vor zehn Jahren war es mitnichten etwas besonders, wenn Ex-Kinostar und Karateprofi Jean-Claude van Damme mit einem neuen Film in den Kaufhaus-Schütten aufschlug. Anno 2024 sieht die Sache schon etwas anders aus, hat sich der Belgier doch in der Vergangenheit etwas rar gemacht, immerhin liegt der letzte Film, die selbstironische Actionkomödie THE LAST MERCENARY (2021), auch schon drei Jahre zurück. Nun meldet sich der „Master of Splits“ mit einem neuen, ernsten und selbstverständlich preiswert produzierten Reißer zurück. BORN TO KILL (2024), allein der Verleihtitel lässt van-Damme-Jünger mit der Zunge schnalzen, verspricht stumpfe Auf-die-Schnauze-Unterhaltung, die demnächst von Plaion Pictures auf Scheibe veröffentlicht wird. Ob Fans hier auf ihre Kosten kommen? Die Antwort erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Darkness of Man

Drehbuch: James Cullen Bressack, Alethea Cho

Regie: James Cullen Bressack

Darsteller: Jean-Claude van Damme, Emerson Min, Peter Jae, Kristanna Loken, Sticky Fingaz, Spencer Breslin, Zack Ward, Shannen Doherty…

Artikel von Christopher Feldmann

Jean-Claude van Damme, einst gefeierter Schlagetot, der nach seinen Achtungserfolgen mit BLOODSPORT (1988), KICKBOXER (1989) und LÉON (1990) die Stufen zum Actionolymp hinaufschoss, hat eine bewegte Karriere hinter sich. Angefangen mit Kleinst- und Statistenrollen, mauserte sich JCVD zum Zugpferd des Actionkinos der 1990er Jahre und ließ dabei gestandene Helden wie Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger hinter sich. Jean-Claude hatte Alles. Er sah gut aus, hatte schicke Martial-Arts-Moves auf dem Kasten und auch wenn sein Schauspiel in den meisten Fällen nicht das Gelbe vom Ei war, sein französischer Akzent war irgendwie auch sympathisch. So freuten sich Actionfans über Kracher wie DOUBLE IMPACT (1991), UNIVERSAL SOLDIER (1992), HARD TARGET (1993), TIMECOP (1994) und das STIRB-LANGSAM-Rip-Off SUDDEN DEATH (1995). Doch Jean-Claude war sehr hochmütig, verscherzte es sich durch unverschämte Gehaltsforderungen und Allüren am Set mit den Studios, zog sich Berge von Koks durch die Nase und auch das Publikum hatte irgendwann genug vom kickenden Belgier. Es folgten Dämmerjahre in Bulgarien und zahlreiche Direct-to-Video-Klopper aber auch Achtungserfolge wie das Drama JCVD (2008), sein Auftritt in THE EXPENDABLES 2 (2012), sowie mit UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION (2009) und UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING (2012) zwei viel beachtete Highlights des B-Actionkinos. Doch irgendwann nahm der Output ab, van Damme machte sich rar in der Filmwelt und während Dolph Lundgren weiter für Lohn und Brot jedes Projekt annimmt und Steven Seagal zurecht keine Arbeit mehr bekommt, sah man vom „Master of Splits“ höchstens besorgniserregende Instagram-Videos. Nun ist er allerdings zurück und hat mit BORN TO KILL (2024) einen Film im Gepäck, der auf den ersten Blick wirkt, als wären wir immer noch im Jahr 2005 und die Produktionsklitsche Nu Image die letzte Ausfahrt für ausrangierte Leinwendhelden. Angesichts der Qualität des vorliegenden Werks wünscht man sich fast schon ein wenig Titel wie THE HARD CORPS (2006) und THE SHEPHERD: BORDER PATROL (2008) zurück.

Handlung:

Bei einem fehlgeschlagenen Routineeinsatz kommt die Informantin des Interpol-Agenten Russell Hatch (Jean-Claude van Damme) ums Leben. Für Jayden (Emerson Min), den Sohn der Toten, wird der Polizist zum Vaterersatz. Jahre später geraten der Teenager und sein Großvater Kim (Ji Yong Lee) zwischen die Fronten rivalisierender Gangs, die sich in Los Angeles blutige Auseinandersetzungen liefern. Hatch schreckt vor nichts zurück, um die beiden zu beschützen und jeden zu bekämpfen, der ihm in die Quere kommt.

Verfolgt man die Karriere des Jean-Claude van Damme, erkennt man schnell, dass der Actionstar in den vergangenen Jahren deutlich mehr an Charakterrollen interessiert zu sein schien als an den klassischen Versatzstücken, die er auf dem Zenit seiner Popularität bediente. So wurde nicht nur der Output an Filmen weniger, auch darstellerisch legte sich der Belgier auf scheinbar auf zwei Rollentypen fest. Nachdem er sich in JCVD (2008) als vom Leben gebeutelten, abgehalfterten Actionhelden selbst spielte und dafür wohlwollende Kritiken erntete, kehrte er immer wieder zum vom Leben gezeichneten, depressiven, teilweise alkoholsüchtigen Wrack zurück, das noch einmal zur Waffe greifen muss. Zwar parodiert van Damme auch gerne sein Image als Haudrauf-Hero, wie zum Beispiel in der kurzlebigen Serie JEAN-CLAUDE VAN JOHNSON (2017) und in der Netflix-Komödie THE LAST MERCENARY (2021), richtig angetan scheinen es ihm aber die düsteren, melancholischen Rollen zu haben.

BORN TO KILL (ein Verleihtitel der ebenso falsche Erwartungen schürt wie das unpassende Cover-Artwork) schlägt ebenfalls in diese Kerbe. Auch hier gibt van Damme wieder den ehemaligen Agenten, einst der Mann für alle Fälle, jetzt nur noch ein an der Flasche hängendes Häufchen Elend. Nicht falsch verstehen, Jean-Claude hat diesen Rollentyp mittlerweile verinnerlicht und spielt das Ganze auch recht ordentlich, trotzdem geht mir diese Nummer ziemlich auf die Nüsse. In JCVD (2008) war es noch neu und auch ziemlich beeindruckend, in DARKNESS OF MAN (so der passendere Originaltitel) wirkt es einfach nur bemüht, zumal der Hauptdarsteller zum wiederholten Mal dieselbe Leier darbietet und den Großteil des Films mit Dreitagebart, Dackelblick und gedämpfter Stimme absolviert. Ich bin mittlerweile an einem Punkt, an dem mich das Gehabe van Dammes ein wenig nervt, als wolle er auf Biegen und Brechen noch einmal zeigen, dass ein verkannter Oscarpreisträger in ihm steckt und er nicht nur der Karate-Dude aus Belgien ist. So scheint er keine klassischen Actionfilmproduktionen mehr anzunehmen, die auf sein Image einzahlen und sich vermehrt auf Dramen mit Actionelementen zu fokussieren.

Allerdings sollte van Damme etwas bessere Filme wählen als den hier vorliegenden Low-Budget-Streifen, der nicht nur sämtliche Klischees bekannter Gang- und Gangsterfilme bedient, sondern obendrein auch noch seine Kompetenzen überschreitet. DARKNESS OF MAN versucht ernstes Genrekino mit dramatischem Unterbau zu sein, ist sogar stellenweise als moderner Noir-Krimi angelegt. Allerdings verwendet das Drehbuch die gängigsten Plattitüden in Bezug auf koreanische und russische Gangsterbanden. Mittendrin bemüht sich van Damme sichtlich seiner Rolle so viel Tragweite wie nur möglich zu geben und überspannt dabei einfach den Bogen. Alles wirkt zu dick aufgetragen, als wolle der Regisseur James Cullen Bressack eine Art Film drehen von der er nur gehört oder gelesen, mit der er sich aber nie tiefergehend beschäftigt hat, weshalb der Film auch sehr schnell meine Aufmerksamkeit verlor. Ich tat mich wirklich schwer, nicht zu sehr abzuschweifen und zum Handy zu greifen. So bleiben abseits van Damme sämtliche Figuren blass und vergessenswert. Auch „prominente“ Nebendarsteller wie „Terminatrix“ Kristanna Loken bekommen nichts zu tun, Shannen Doherty könnte man durch zu häufiges Blinzeln verpassen und der von Fans heiß erwartete Auftritt von Martial-Arts-Queen Cynthia Rothrock entpuppt sich als Mogelpackung, absolviert diese einen rund 40-sekündigen Auftritt als Krankenschwester.

Schaut man sich die Vita von Regisseur Bressack an, ist DARKNESS OF MAN allerdings ein Schritt nach vorne. Der inszenierte nämlich zuvor u.a. die Bruce-Willis-Gurken SURVIVE THE GAME (2021) und FORTRESS (2021), den unsäglich miesen Bombenthriller HOT SEAT (2022), sowie Steven Seagals letzten filmischen Atemzug BEYOND THE LAW (2019). Dass gemäß diesen Referenzwerken nicht viel beim neuen van-Damme-Film zu holen sein wird, war ohnehin klar, dennoch ist dieser anders als Bressacks vorherige Arbeiten kein Geezer-Teaser, immerhin. Allerdings ist DARKNESS OF MAN auch größtenteils stinklangweilig, gute 60 Minuten passiert wenig bis Nichts, die Action ist stellenweise ungünstig gefilmt und leidet unter dem billig wirkenden, matschig aussehenden Look und auch auf die bewährten Moves müssen Fans verzichten. Den Vogel schießt aber der immer wieder eingestreute Voice-Over ab, der den Noir-Aspekt unterstreichen soll und in dem van Damme zu 80% Sätze raushaut, die aus DIE NACKTE KANONE (1988) stammen könnten, in dem Leslie Nielsen auch in einer Szene durch die Nacht spaziert und dazu ein Nonsense-Voice-Over erklingt. Ganz so lustig wird es bei Jean-Claude nicht, dennoch musste ich bei Sätzen wie „Der Himmel weint Tränen“ und „Ich trank einen Whiskey und hatte den Finger schon am Abzug…“ lachen.

Zur Sichtung lag uns die DVD aus dem Hause Plaion Pictures vor. Bild- und Tonqualität sind solide, als Extra ist lediglich der Trailer vorhanden.

Fazit:

Mit BORN TO KILL (2024) versucht sich Jean-Claude van Damme zum wiederholten Mal als Charakterdarsteller und liefert die altbekannte Performance vom depressiven, abgehalfterten Einzelkämpfer ab. Ein Film, der nicht nur jedes Klischee bedient, sondern auch größtenteils eher langweilig und unfreiwillig komisch geraten ist, trägt sowohl der Regisseur als auch der Hauptdarsteller viel zu dick auf. Dann doch lieber schmal produzierte B-Klopper wie SIX BULLETS (2012) oder THE SHEPHERD: BORDER PATROL (2008). An denen habe ich irgendwie mehr Freude.

Amazon Partner Links:

4K UHD (& Blu-ray)

Blu-ray

DVD

Prime Video

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

Zurück zur Startseite