Mit seinem Auftritt als ebenbürtiger Gegner von Keanu Reeves in JOHN WICK: KAPITEL 3 (2019) tauchte Schauspieler und Martial-Artist Mark Dacascos nach langer Durststrecke endlich wieder auf der Kinoleinwand auf. Trotz nicht abzustreitender Qualitäten war dem Hawaiianer nämlich der Aufstieg in den Actionolymp stets vergönnt, stattdessen verdingte er sich über viele Jahre, mit ein paar Ausnahmen, in Low-Budget-Filmen. Dabei kann sich Dacascos rühmen ein echtes Brett in seiner Vita zu haben, denn DRIVE – KEINER SCHLÄGT HÄRTER (1997) erschien zwar seiner Zeit als Videotheken-Premiere, mauserte sich aber zum Kultfilm unter Actionfans. Turbine Medien spendierte dem vom Hongkong-Kino inspirierten Handkanten-Fest kürzlich eine deutschsprachige HD-Premiere im Mediabook, inklusive US-Fassung und Unrated Director’s Cut.

Originaltitel: Drive

Drehbuch: Scott Phillips

Regie: Steve Wang

Darsteller: Mark Dacascos, Kadeem Hardison, John Pyper-Ferguson, Brittany Murphy, Tracey Walter, James Shigeta…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Die Agenten der Leung Corporation sind auf der Jagd nach Toby Wong (Mark Dacascos). Toby trägt etwas in sich, wofür seine Verfolger bereit sind zu töten: In seiner Brust arbeitet ein biotechnischer Chip-Prototyp, der ihn gleichermaßen zur Zielscheibe und zur ultimativen Kampfmaschine macht. Mit Hilfe von Malik (Kadeem Hardison), einem arbeitslosen Barkeeper mit schnellem Wagen und jeder Menge cooler Sprüche, kann er gerade noch entkommen. Nicht einmal mit Handschellen können die Verfolger Toby und seinen Sidekick stoppen. Denn Toby ist blitzschnell, schlagkräftig und macht jeden Gegenstand zur Waffe…

Seit seiner Erstveröffentlichung fristet DRIVE – KEINER SCHLÄGT HÄRTER (1997) ein Nischendasein, erschien der Actionfilm doch als TV-Premiere bei HBO, bevor er für den Videomarkt ausgewertet wurde. Ein Frevel, wenn man sieht, mit welcher Mühe Regisseur Steve Wang seine Liebe für das Hongkong-Kino zelebriert. Zudem standen dem Regisseur die Produzenten im Weg, die den Film kürzten, um ihn schlussendlich besser vermarkten zu können. Über die Jahre fand allerdings auch die Originalversion ihr Publikum und ist bei der nun vorliegenden Veröffentlichung in HD enthalten.

Tatsächlich muss ich gestehen, dass der Director’s Cut, der deutlich an der Zwei-Stunden-Marke kratzt, nicht mehr ganz so gut funktioniert, weist dieser doch ein paar Füllszenen mit Dialogen auf, die man als Zuschauer eigentlich nicht benötigt und die den Comedy-Aspekt weiter betonen. Zudem ist die Geschichte im Grunde nicht der Rede wert. Das Drehbuch beinhaltet Science-Fiction-Elemente, die nicht essenziell für den Verlauf des Films sind, der implantierte Microchip, den „Toby Wong“ in sich trägt, erfüllt den Zweck eines schnöden McGuffins. Summa summarum ist der Plot lediglich dazu da, um die zahlreichen Actionszenen miteinander zu verbinden, eine Hetzjagd, die sich von einem Set-Piece zum nächsten hangelt. Von Spannung kann da keine Rede sein, zumal „Toby Wong“ sowieso als unbezwingbare Kampfmaschine inszeniert wird. Ich würde mir tatsächlich gerne einmal die kürzere US-Fassung zu Gemüte führen, könnten die Schnitte dem Film doch tatsächlich zu Gute kommen. Wer allerdings mit den Buddy-Comedy-Elementen kein Problem hat, dürfte auch mit der längeren Fassung seine Freude haben. Mark Dacascos und Kadeem Hardison funktionieren tatsächlich erstaunlich gut als ungleiches Duo Wider Willen und spielen sich gekonnt die Bälle zu. Und auch wenn der Humor das ein oder andere Mal über das Ziel hinausschießt, sorgt die Chemie der Beiden für einen zusätzlichen Unterhaltungswert.

Der heimliche Star des Films ist allerdings die 2009 viel zu früh verstorbene Brittany Murphy als durchgeknallte Hotelbesitzerin „Deliverance Bodine“, die Gefallen an der wilden Action findet und zudem eine Art Obsession für den von Hardison verkörperten „Malik“ entwickelt. Ihre Figur bringt zusätzlich Würze und Dynamik in die eher einfältige und simple Geschichte. Es hängt mit Sicherheit vom eigenen Geschmack ab, ob man ihre Performance als Zuschauer mag oder sich daran stört.

Tatsächlich ist auch die Figurenkonstellation, sowie der gesamte Humor eine Reminiszenz an das asiatische Actionkino, denn selbst die beliebtesten Hongkong-Klassiker kommen meist nicht ohne flapsige Comedy-Einlagen aus. Das Herzstück von DRIVE ist und bleibt allerdings die furiose Action, denn Steve Wang lässt es fast pausenlos knallen und scheppern. Explosionen, Shootouts, waghalsige Stunts, völlig entfesselte Martial-Arts-Choreographien, was der Regisseur und sein Stuntkoordinator/Kampfchoreograph Koichi Sakamoto ihr abbrennen, sucht Seinesgleichen. Tatsächlich fällt auch mir kein US-amerikanischer Actionfilm ein, der so nah am Hongkong-Kino ist wie DRIVE. Mark Dacascos wirbelt mit spektakulärer Akrobatik durch die Szenerien, sei es ein Frachter, eine Raffinerie in der Wüste, ein Hotel oder eine bizarre Bar in Space-Ship-Optik. DRIVE scheut sich nicht vor irren Ideen, etwa wenn Dacascos mit Schuhen über den Fäusten gegen Schergen mit Elektroschockstäben kämpft. Jede Actionszene ist ein wahrer Genuss und es wirklich schade, dass die 3,5 Millionen US-Dollar teure Produktion, die deutlich teurer aussieht, keine Fortsetzung nach sich zog, zumal das offene Ende dies suggeriert. Stattdessen bekamen die Zuschauer mit RUSH HOUR (1998) einen Buddy-Actioner serviert, der deutliche Parallelen zu DRIVE aufweist, mit Chris Tucker und Jackie Chan aber prominenter besetzt ist.

Turbine Medien veröffentlichte DRIVE nun erstmals hierzulande in einer HD-Fassung. Das Mediabook verfügt neben dem hierzulande geläufigen Unrated Director’s Cut auch über die kürzere US-Fassung auf einer zweiten Blu-ray-Disc, erstmals auch mit deutscher Tonspur. Über Bild- und Tonqualität lässt sich nicht meckern, ein deutliches Upgrade zur bisherigen DVD-Version. Als Extras gibt es neben dem Trailer Deleted Scenes, Interviews mit Cast und Crew, ein Featurette, sowie einen Audiokommentar mit dem Regisseur und den Hauptdarstellern. Ein 28-seitiger Buchteil von Tobias Hohmann rundet das Paket ab.

Wahrscheinlich eine interessante Info: Turbine Medien entschied sich bewusst gegen eine 4K-Veröffentlichung, da das vom Lizenzgeber zur Verfügung gestellte Master mangelhafte Qualität aufwies und Bemühungen um einen neuen Scan erfolglos blieben. So hatte sich das Label entschieden, den Film zumindest in bestmöglicher HD-Qualität zu veröffentlichen. Das nenne ich kundenorientiert!

Fazit:

DRIVE – KEINER SCHLÄGT HÄRTER (1997) ist nach wie vor ein echter Geheimtipp, der eine breitere Aufmerksamkeit verdient hätte. Der knallige Buddy-Actionfilm wartet zwar mit dünner Story und überdrehtem Humor auf, Actionfans werden aber aufgrund der furios choreographierten und inszenierten Martial-Arts-Szenen, sowie der knackigen Shootouts ihre helle Freude haben. Ein Fest für Liebhaber des Hongkong-Kinos, denn so nah an die Vorbilder schaffte es bisher kaum eine US-Produktion.

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Mediabook – Cover A (2 Blu-rays)

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