Luc Besson ist wieder da. Wenn auch zugegebenermaßen nur so halb. Denn unser aller Lieblings-Action-Franzose hat sich mit dem vergleichsweise eher unbekannten George Huang, der auch die Regie übernahm, zusammengetan und gemeinsam ein Drehbuch erarbeitet. Weekend In Taipei heißt dieses in der finalen und umgesetzten Version und kommt in Kürze im Verleih von LEONINE STUDIOS in unsere Kinos. Ich habe das Werk bereits gesichtet und kann also darüber berichten. Los geht’s.

Regie: George Huang

Darsteller: Luke Evans, Lun-Mei Gwei, Sung Kang, Virginia Chieng, Wyatt Yang

Artikel von Philipp Locher

DEA-Agent John Lawlor (Luke Evans) fristet ein eher tristes Drogenagenten-Dasein. Vor 15 Jahren war es ihm nicht gegönnt, Drogenmafia-Boss Kwang (Sung Kang) dingfest zu machen. Dieser handelt weiterhin weltweit mit Heroin, während Lawler von einer Dienststelle zur nächsten, von einem alten Auftrag zum nächsten gereicht wird. Und immer wieder wieder tauchen diese Kartons vor seiner Nase auf, auf denen groß das Logo von Kwangs Konzern prangt. Der Frust ist also groß. Es wäre doch fabelhaft, wenn man an die Geschäftsbücher von Herrn Kwang käme, wie damals bei Al Capone, den habe man doch auch über einen Steuerbetrug handlungsunfähig gemacht.

Zur selben Zeit kauft eine sehr wohlhabende Frau namens Joey (Lun-Mei Gwei) in Taipei einen Ferrari. Sie fährt ihn Probe und ja, sie fährt wie eine junge Göttin. Der Wagen soll ein Geburtstagsgeschenk für ihren Mann sein. Es ist Kwang. Bei der Übergabe des Geschenks hat man sich nicht mehr viel zu sagen. Aber Kwang ist ohnehin zu beschäftigt. Ein Prozess geht ihm auf die Nerven. Es geht um Umweltvergehen in der Fischerei-Sparte seines Unternehmens.

Plötzlich bietet jemand der DEA brisante Unterlagen des Kwang-Konzerns an. Lawlor ist Feuer und Flamme und überredet seine Vorgesetzte: Man könne doch nach Taipei fliegen. Zur Übergabe der Dokumente. Nur für ein Wochenende…

Das ist die Synopsis von Weekend In Taipei. Natürlich fliegt John nach Taipei. Natürlich trifft er auf Kwang, Joey und ihren Sohn Raymond (Wyatt Yang). Selbstverständlich gibt es Irrungen und Wirrungen und ein verknäulte Geschichten aus der Vergangenheit: Allen voran eine nicht zu Ende gelebte Liebesgeschichte. Auch Naturschutz spielt ganz am Rande eine Rolle, immerhin. Aber nur ganz am Rande. Gut und böse sind klar verteilt, Grautöne sucht man vergebens, alles ist so weit in Ordnung in der Action-Film-Welt. So halb. Denn so richtig mag der Film sich nicht entscheiden zwischen guter Action und einer 90er-Jahre-Liebesgeschichte, die dem Rest der korrupten und mafiösen Welt trotzt. Ich würde sogar so weit gehen und Weekend In Taipei als Familienfilm begreifen, gäbe es im ersten Fight nicht das Hackebeil, das den Schädel eines Kombattanten spaltet. Warum also diese Drastik, wenn alle anderen kämpferischen Performances eher moderate Schauwerte bieten? Die Choreografien sind toll – keine Frage. Auch die Verfolgungsjagten sind solide und machen Spaß. Aber für handgreifliche Erwachsenenunterhaltung bleibt das alles doch zu zahm, zu gefällig und zu hülsenhaft ungefüllt. Außerdem stellt sich die Frage, ob die doch sehr albern ausfallenden Langhaarfrisuren der männlichen Protagonisten in der Vergangenheit wirklich auf diese Weise notwendig waren. Aber gut – um eine gewisse Portion Humor bemüht sich der Film schließlich auch. Das Storytelling ist rund und schlüssig, die Entwicklung und die Verflechtungen der verschiedenen Handlungsstränge sind plausibel und zu Ende gedacht. Abgesehen von Mafiaboss Kwang sind die Figuren zeitgeistig aktuell: Es gibt die junge Frau aus armen Verhältnissen, die sich daraus freizukämpfen versucht, indem sie sich in einer vermeintlichen Männerdomäne ausprobiert und schließlich zur Profession gelangt. Sie wird die beste Transporteurin Taiwans. Außerdem gibt es den jungen Heranwachsenden, der sich für Umweltschutz engagiert und aus diesem Grund mit seinem Ziehvater zu brechen versucht. Schließlich pfeift der auf Umwelt- und Arbeitsschutz, wenn die Kasse stimmen soll. Und es gibt den gebrochenen Macher, der sich bemüht, mit letzter Kraft noch einmal herauszuklettern aus der Grube, in die ihn das Leben und seine Ideale geworfen haben. Doch auch wenn das alles recht geschickt miteinander verwoben ist, bleibt es leider doch recht hölzern und formelhaft. Außerdem stellt sich das Finale gegenüber des furiosen Eröffnungskampfes als eher mau und enttäuschend heraus. Sehr schade.

Bleibt also die Frage: Warum gibt Luc Besson seinen Namen dafür her? Er kann es anders, er kann es besser, das wissen wir. Auch im Drehbuch, das er zusammen mit George Huang verfasst hat kann man ihn ganz deutlich spüren.

Klar, es geht ums Geld-Verdienen und bereits Lucy wurde in Teilen in Taiwan gedreht. Und dennoch: Interviews zu dem Release sind in westlichen Medien nicht zu finden. Hauptdarsteller Luke Evans ist zur Premiere leibhaftig gar nicht erst erschienen. Schaut man sich Taiwanesische Fernsehbeiträge und Interviews zu dem Film an geht es vornehmlich darum, wie schön Taiwan ist und was für tolle Drehorte es auf dem Inselstaat gibt. Auch findet man dort sehr qualifiziertes Fachpersonal, möchte man einen Film drehen. Und das ist das Problem des Films: Er fühlt sich an wie Werbung. Und hier haben wir das Produkt.

Weekend In Taipei ist ein recht zahmer Action-Film mit dem ein oder anderen Schauwert. Das ist klar. Ob der recht disneyhafte Charakter des Drehbuchs den durch harte Action geprägten, erwachsenen Rezipienten ausreichend befriedigt, ist mehr als fraglich. Wer kurzweilige, unkomplizierte und nicht tiefer gehende Unterhaltung am Abend sucht, um die Nacht einzuleiten, kann hier definitiv etwas Spaß haben. Aber das Rad wird hier definitiv nicht neu erfunden. Ganz im Gegenteil: Dramaturgie von der Stange garniert mit dem ein oder anderen Kampfhäppchen sind hier das Credo. Das sieht zwar alles toll aus, macht aber zum Schluss auch keinen Unterschied. Letztendlich ist und bleibt Weekend In Taipei, der in Deutschland über Leonine Studios vertrieben wird, ein Film ohne Profil und das ist leider etwas, das man von Luc Besson so leider nicht gewohnt ist. Ach und falls ich es vergesse: Weekend In Taipei ist der erste Hollywoodfilm, der komplett in Taiwan gedreht wurde. Nur, falls das noch jemand wissen wollte.

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