Bill Skarsgård meuchelt sich durch eine Horde Bösewichte, um den Tod einer jungen Frau zu rächen? Das klingt verdammt nach seinem derzeitigen Kinoflop, dem The Crow-Remake. Unser Rächer ist zudem noch stumm? Hatten wir gerade erst bei John Woo und seinem Silent Night. Doch keine Angst, was uns CONSTANTIN FILM hier präsentiert, ist keinesfalls eine billige Kopie der beiden eben genannten Rachefilme, sondern ein launiges Gun Fu-Movie, produziert von Sam Raimi und – inszeniert von einem deutschen Regisseur. Schräg, bunt, schnell und splättrig – es muss also doch nicht alles bieder sein, was aus unseren Gefilden stammt. Get ready – Fight!

Regie: Moritz Mohr

Darsteller: Bill Skarsgård, Jessica Rothe, Brett Gelman, Famke Janssen, Yayan Ruhian, Michelle Dockery

Artikel von Christian Jürs

Moritz Mohr lautet der Name des Regisseurs, der zuvor nur Kurzfilme inszenieren durfte (Akumi / Viva Berlin!) und dem man 18 Millionen Dollar anvertraute, um seine skurril-witzige Actionvision Boy Kills World, die er gemeinsam mit Arend Remmers (Schneeflöckchen) und Tyler Burton Smith (Kung Fury: The Movie) erdachte, zu inszenieren. Die Hauptrolle übernahm Bill Skarsgård, der demnächst als Nosferatu zu sehen sein wird. Doch auch der Rest des Casts kann sich sehen lassen. Von Famke Janssen über Jessica Rothe (Happy Deathday), bis hin zu Brett Gelman (Stranger Things) und Yayan Ruhian (The Raid) – die Besetzung ist schon ziemlich cool. Genützt hat´s aber alles nichts, an der Kinokasse machte Boy Kills World gerade einmal 3,3 Millionen Dollar wieder wett. Doch das miese Einspielergebnis sollte Euch keinesfalls abhalten, hier einen Blick zu riskieren, denn Boy Kills World bereitet durchaus Spaß beim Sichten, wenn auch mit kleinen Schwächen hier und da.

Erzählt wird uns die turbulente Geschichte aus der Sicht von Boy (Bill Skarsgård), der nicht nur keinen richtigen Namen hat, an den er sich erinnern kann, er ist zudem auch noch taubstumm. Trotzdem erzählt er uns aus dem Off seine Geschichte, allerdings mit einer fremden, tiefen Stimme, nämlich der aus einem heroischen Videogame, was Boy als durchaus passend empfindet (auch wenn er aufgrund seiner Taubheit gar nicht wissen kann, wie sich Videospielfiguren anhören). Er entführt uns in eine dystopische Welt, in der nahen Zukunft, in der die strenge Diktatorin Hilda van der Koy (Famke Janssen) mit harter Hand regiert und Aufstände brutal niederschmettert. So auch damals, als Hilda Boys kleine Schwester (Quinn Copeland) höchst selbst exekutierte, da diese aufständische Tendenzen in sich trug. Mit ihr hatte Boy während seiner Kindheit immer wieder Spaß, etwa beim gemeinsamen Videogame zocken, doch die Diktatorin riss das Mädchen, und damit sämtliche Freude im Dasein von Boy, mitten aus ihrem blutjungen Leben.

Seither sinnt Boy auf Rache. Von einem Schamanen (Yayan Ruhian) intensiv in Sachen Kampfkunst ausgebildet, kämpft sich der stille Rächer an Dutzenden Handlangern der Diktatorin vorbei, um seine Rache endlich ausführen zu können. Darunter befinden sich auch direkte Verwandte von Hilda, wie etwa ihr windiger Schwiegersohn Glen (Sharlto Copley), der als Entertainer die Propagandamaschinerie am Laufen hält. Oder aber seine Frau Melanie (Michelle Dockery), die eine jährliche Abschlachtshow mit dem Titel „The Culling“ im Fernsehen moderiert (die Hunger-Spiele lassen schön grüßen). Als besonders unaufhaltsam entpuppt sich aber die helmtragende Kampfamazone June 27 (Jessica Rothe). Lediglich Gideon van der Koy (Brett Gelman) entpuppt sich als wandelbar in Sachen Gewissen und ist Boy sogar behilflich bei seiner Jagd.

Wird Boy seine Rache bekommen? Das sei hier nicht verraten, wohl aber, dass Boy Kills World bis zur Zielgeraden die ein- oder andere Wendung, mal mehr, mal weniger überraschend, im Petto hat. Leider bedeutet dies auch, dass der Streifen stolze 111 Minuten auf die Waage bringt. Zuviel, um ehrlich zu sein, auch wenn es eigentlich nie Leerlauf oder gar Stillstand zu beklagen gibt. Auch sind die Fights hervorragend inszeniert und die Gewalt derart comichaft, dass sich wohl niemand an den herumfliegenden Gliedmaßen stören dürfte.

Die zehn, fünfzehn Minuten zu viel an Laufzeit sind Jammern auf hohem Niveau, denn Boy Kills World punktet mit Witz, Tempo und einer mehr als ordentlichen Kampf-Choreographie. Wer Filmen wie Crank, Shoot´em Up, Guns Akimbo oder Boss Level mochte, der bekommt hier bestes, neues Futter serviert. Wem das alles zu comichaft und bunt ist, dem sei eingangs erwähnter Silent Night – Stumme Rache alternativ ans Herz gelegt. Wer Freude an solchen Filmen hat, dem sei noch gesagt, dass ein Videospiel folgen soll, in dem man vermutlich ordentlich was zu tun bekommt in Sachen blutige Kloppereien.

Mir lag zur Rezension die Blu-ray vor. Die Hülle verfügt über ein Wendecover ohne FSK-Logo, auf der Disc befinden sich im Bonusbereich ein Making of, ein Behind the Scenes-Special und Trailer. Die Qualität ist top, die Synchronisation ist ebenfalls gelungen.

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