Australien ist eine Reise wert. Wunderschöne Natur so weit das Auge reicht. Doch das Outback bietet nicht nur Sehenswertes, sondern auch tödliche Gefahren. Laut Einleitungstext von Wolf Creek werden jedes Jahr um die 30.000 Menschen dort als vermisst gemeldet. Der Großteil wird innerhalb eines Monats gefunden, doch um die 10% der Menschen bleiben für immer vom Erdboden verschluckt. TURBINE MEDIEN gönnte dem kleinen, fiesen Reißer eine Mediabook-Veröffentlichung mit 4K UHD-Weltpremiere in der Unrated-Fassung. Grund genug, sich nochmal Mick Taylor, dem fiesen Serienkiller, zu stellen.
Drehbuch & Regie: Greg McLean
Darsteller: Nathan Phillips, Cassandra Magrath, Kestie Morassi, John Jarratt
Artikel von Christian Jürs
Just another Terror-Movie? Als Wolf Creek anno 2006 bei uns im Kino aufschlug, waren das geniale Remake von The Hills have Eyes und der Folter-No-brainer Hostel gerade erst von den Leinwänden verschwunden. Ich muss gestehen, dass ich mit der plötzlich aufkeimenden Folter-Horrorwelle nicht so recht warm wurde und ließ daher Wolf Creek, von dem ich nur Aufgewärmtes erwartete, links liegen. Als dann im Jahr 2014 das Sequel bei uns anlief, war ich erneut abgeschreckt. Diesmal jedoch nicht wegen der von mir erwarteten Folterthematik, sondern aufgrund der massiven Schnittauflage, die die FSK den Film uninteressant werden ließ. Jetzt aber habe ich die Gunst der Stunde, und natürlich die Tatsache, dass Turbine Medien dem Film ein 4K Update spendierte, genutzt, um meine Wissenslücke zu schließen.
Viel Hoffnung hatte ich allerdings immer noch nicht, da ich erst kürzlich den Alligatoren-Survival-Schocker Rogue – Im falschen Revier von Wolf Creek-Regisseur Greg McLean im Rahmen meines allwöchentlichen Horrorfilm-Abends mit meiner Tochter sichtete – und für belanglos und öde befand. Trotzdem, irgendwas musste ja dran sein am Wolf Creek-Hype, immerhin brachte es die Reihe bislang auf zwei Kinofilme und eine Serie. Da nächstes Jahr ein modisches Legacy-Sequel folgen soll, musste ich mich endlich einmal Greg McLeans Debutfilm zuwenden. Glücklicherweise, denn Wolf Creek ist mitnichten ein stupider Folter-Horrorfilm mit dämlichen Teenagern, die in ihre Einzelteile zerlegt werden. Stattdessen erwartete mich eine handfeste Überraschung, die hier mit einem Mikro-Budget von 1,3 Mio Dollar auf die Leinwand (bzw. meinen Flatscreen) gezaubert wurde.
Anstatt gleich in die Vollen zu gehen, entschied sich Greg McLean, zunächst seine drei Hauptfiguren zu etablieren. Dabei handelt es sich um die beiden jungen Engländerinnen Liz (Cassandra Magrath) und Kristy (Kestie Morassi), die, gemeinsam mit dem sympathischen Australier Ben (Nathan Phillips), einen mehrwöchigen Ausflug ins australische Outback unternehmen. Ben kratzt hierfür extra seine Kohle zusammen, um ein günstiges, gebrauchtes Auto zu kaufen. Der schmierige Autoverkäufer (Guy O’Donnell) erwähnt dabei, dass Ben es mit den beiden Engländerinnen richtig krachen lassen soll (Knick, Knack), doch der hat ehrbarere Absichten und ist tatsächlich in eines der beiden Mädchen verliebt. Doch diese Gefühle werden erstmal beiseite gepackt um einen spannenden Roadtrip anzutreten. Spannender, als es den Dreien lieb ist.
Nach einer ausgelassenen Abschiedsparty mit Freunden geht die Reise los. Ihr erstes Ziel ist ein Meteoritenkrater namens Wolf Creek Crater, den es zu besichtigen gilt. Auf dem Weg dahin verbringt man eine ausgelassene Zeit, abgesehen von einem unschönen Aufeinandertreffen in einer Kneipe, in der ein paar einheimische Männer den Damen gegenüber ekelhaft aufdringlich werden. Doch von dieser Begegnung lassen sich die Reisenden ihren Ausflug nicht kaputt machen.
Nachdem sie den Krater und die Umgebung ausgiebig genossen haben, soll die Reise weitergehen. Doch, oh je, das Auto streikt plötzlich – irgendwo im Nirgendwo. Glück im Unglück ist, dass nach einigen Stunden, mitten in der Nacht, plötzlich ein Abschleppwagen vor den drei Freunden auftaucht. Zunächst durch die Situation verängstigt, entpuppt sich der Fahrer aber als besonders freundlicher und hilfsbereiter Zeitgenosse namens Mick Taylor (John Jarratt). Der schaut einmal nach dem Rechten und muss feststellen, dass die Zündspule des Autos defekt ist. Er bietet den Reisenden an, sie bis in seine Werkstatt mitzuschleppen, wo er unentgeltlich für Ersatz sorgen könne. Begeistert nehmen Liz, Kristy und Ben das Angebot an, nicht ahnend, dass dort das Grauen auf sie warten wird.
Wow, das war geil – in allen Belangen. Startet man den Film, so erblickt man zunächst eine Texttafel, in der sich der Regisseur für die fantastische Aufarbeitung in 4K bedankt. Er hätte nie erwartet, seinen kleinen Film einmal in einer so gestochen scharfen Bildqualität erblicken zu können. Ich kann ihm nur recht geben, denn der Film sieht wirklich verdammt gut aus. Auch der Ton, wahlweise in Dolby Atmos oder DTS 5.1 & 2.0, überzeugt auf ganzer Linie. Dass der Film in der Unrated-Fassung vorliegt, die zwei Handlungs- und zwei Gewalterweiterungen beinhaltet, ist außerdem löblich. Das Bonusmaterial rockt ebenfalls. So gibt es einen Audiokommentar, ein sehr ausführliches Making of (ca. 50 Minuten Laufzeit!), ein Interview mit dem äußerst sympathischen Mick Taylor-Darsteller John Jarrat, eine kurze, unveröffentlichte Szene, Trailer und ein lesenswertes Booklet von Tobias Hohmann.
Wolf Creek ist ein unerwartet spannendes Brett an Road-Movie-Terror-Thriller. Der Film nimmt sich ausreichend Zeit, die ungewohnt sympathischen Hauptfiguren zu etablieren, ehe das Grauen über sie hereinbricht. Dass Regisseur und Drehbuchautor Greg McLean seine Figuren so nahbar werden lässt, ist die besondere Würze neben der Tatsache, dass es Überraschungen beim Body Count gibt. Jetzt bin ich heiß auf den zweiten Teil. Turbine Medien, bitte übernehmen sie.
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