Lange hatte das Fachpublikum darauf gewartet und nun ist es so weit. Nach all den Jahren liegt jetzt endlich ein Spielfilm vor, welcher in der Welt der Rallye-Weltmeisterschaft der Gruppe B spielt, hier im speziellen der Saison 1983. Eine der zu klärenden Fragen wird sein, ob der bei SQUAREONE ENTERTAINMENT / EUROVIDEO erschienene Film Race for Glory: Audi vs. Lancia den in jeder Hinsicht überbordenden Wahnsinn der spannendsten Rallye-Saison aller Zeiten auch überzeugend eingefangen hat. Ich verrate es Euch in meiner XXL-Kritik.
Alternativtitel: 2 Win
Regie: Stefano Mordini
Darsteller: Riccardo Scamarcio, Daniel Brühl, Volker Bruch, Haley Bennet, Gianmaria Martini, Esther Garrel, Katie Clarkson-Hill
Artikel von Alan Smithee
Da die Rallye-Weltmeisterschaft der Gruppe B in den 1980er Jahren richtig viel Platz benötigte, sollte sich eine Filmbesprechung zu Race for Glory: Audi vs. Lancia diesbezüglich ebenfalls nicht zurückhalten. Insbesondere, weil Regisseur Stefano Mordini sich auf eine der spannendsten Saisons der Rallyegeschichte bezieht: Das Jahr 1983! Der Song Blue Monday der Band New Order würde in jenem Jahr erscheinen, The Police würde den Song Every Breath You Take lancieren und U2 wird Sunday Bloody Sunday beisteuern. Ach ja, und unser geliebter Planet wäre wegen eines russischen Softwarefehlers unter Ausschluss der Öffentlichkeit fast in einem Atomkrieg verdampft. 1983 war also in mehrfacher Hinsicht ein interessantes Jahr und die Rallye-Weltmeisterschaft war da keine Ausnahme.
Für alle, die mit der Gruppe B der Rallye-Weltmeisterschaft jedoch nichts anfangen können, werfen wir erst einmal einen kleinen Blick zurück: Die Rallyeserie der Gruppe B dauerte von 1982 bis 1986 und war die absolut wahnsinnigste Ausprägung, die der moderne Nachkriegs-Motorsport zu bieten hatte: Ultradirekt, ultrabrutal und ultragefährlich und mit einer heute immer noch weltweiten und sehr aktiven Fanbase. Nicht zuletzt war sie aber auch das Entwicklungslabor, das den Allradantrieb in unseren Alltags-PKWs überhaupt erst möglich gemacht hat.
1983 sind Teamchef Roland Gumpert (Daniel Brühl) und sein Audi Sport Rallye Team dank ihrer überlegenen Fahrzeuge mit Allradantrieb die absoluten Favoriten bei der Rallye-Weltmeisterschaft, die mit Fahrzeugen der Gruppe B ausgetragen wird. Wegen der vermeintlich rückständigen Technik ihres Wagens (Hinterradantrieb) wird dem Lancia-Abarth Team mit seinem Teammanager Cesare Fiorio (Riccardo Scamarcio) deshalb Chancenlosigkeit prophezeit. Davon angespornt, denkt Fiorio aber gar nicht daran schon vor dem Saisonstart das Handtuch zu werfen. Mit Ehrgeiz und einem starken Willen organisiert er sein Team, um zu beweisen, dass auch alte Messer noch gut schneiden können. Moment, oder waren es die alten Besen, die noch gut kehren? Egal, der Sinn wurde ja deutlich.
Soweit die Prämisse. In diesem Zusammenhang erscheint es recht ambitioniert, einen glaubhaften und in der Realität verankerten Motorsport-Film mit einem hierfür recht überschaubaren Budget von nur acht Millionen Euro drehen zu wollen. Zur besseren Einordnung: Michael Mann hatte für 95 Millionen Dollar seinen Film Ferrari (2023) gedreht und James Mangold hatte für seinen Ford vs Ferrari aka Le Mans 66 (2019) mit geschüttelten 97,6 Millionen Dollar sogar noch etwas mehr zur Verfügung. Da jedoch auch diese sportlichen Summen nicht vor dramaturgischen Ungenauigkeiten und faulen Kompromissen schützten, ist auch hier (schon wieder!) Skepsis durchaus angebracht.
Aber erstmal der Reihe nach. Um die durchaus zahlreich vorhandenen Qualitäten von Race for Glory: Audi vs. Lancia jedoch sichtbar machen zu können, ist eine gewisse Kenntnis der damaligen Rahmenbedingungen einfach unabdingbar. Bevor wir den Raum mit Plasikfolie auskleiden, müssen wir also erstmal ins Archiv.
Da bietet es sich natürlich an, mit dem legendären Lancia-Abarth Teamchef zu beginnen. Cesare Fiorio hatte vor einigen Jahren drei Marken-Weltmeisterschaften für Lancia-Abarth in der Rallye-WM gewinnen können. 1983 konnte aber niemand ahnen, dass noch vier weitere folgen würden, ganz zu schweigen von seinen anschließenden Erfolgen als Teamchef bei den Formel 1-Teams von Ferrari, Ligier und Minardi. Man traute Cesare Fiorio aber zu, unmögliche Aufgaben lösen zu können. Er war ein Spin-Doctor, noch bevor die Welt wusste, was das war.
Als er jedoch die Auftrag „Gewinn der Rallye-WM 1983“ übernahm, musste er sich zuallererst mit den Unzulänglichkeiten des bereits über ein Jahr alten Einsatzfahrzeugs auseinandersetzen, dem für ein Rallyefahrzeug äußerst fragil gebauten Lancia Rally 037 mit Hinterradantrieb. Tatsächlich war dieser sogar so fragil, dass bei jedem Sprung über eine Kuppe die Gefahr bestand, dass er einfach auseinanderbrechen würden. Die Stabilität war also nur semi-gut. Andererseits dauerte bei diesem Fahrzeug ein kompletter Getriebewechsel auch nur acht Minuten. Es gab also auch Licht. Der Einfachheithalber war der 037 um die Fahrgastzelle des eigentlich nur bis 1978 gebauten Lancia Beta Montecarlo aufgebaut worden. Man braucht daher nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie gewaltig Lancias unternehmerischer Kraftakt im Jahre 1981 wirklich war als sie sich entschlossen, die Produktion eines seit drei Jahren(!) vom Markt genommenen Wagens einfach so wieder hochzufahren. Heute ein undenkbarer Vorgang.
Von den Komplikationen dieses ungewöhnlichen Vorganges erzählt auch Race for Glory: Audi vs. Lancia, denn von den für die Homologation als Gruppe B-Wagen vorgeschriebenen 200 Stück konnten zwischen November 1981 und April 1982 nur überschaubare 103 neue Exemplare des Beta Montecarlo gefertigt werden. Wie man es dennoch schaffte, den Wagen für das ab der Saison 1982 gültige Gruppe B-Reglement zu homologieren, erläutert der Film wirklich recht unterhaltsam.
Aber schon tauchte das nächste Problem auf, das Fiorio zu lösen hatte. Fuhren 1981 die ersten Exemplare des 037 zunächst noch mit 260 PS, ließ die finale Version des Jahres 1983 standfeste 310 PS auf die Hinterräder los. Das war genug Leistung, um auf Asphalt recht sicher gewinnen zu können aber auf losem Untergrund schmolz der Vorteil einfach dahin… von seiner Chancenlosigkeit auf Eis und Schnee ganz zu schweigen. Und das dicke Ende kam ja erst noch: Es waren nämlich schlicht gute 50 PS weniger als der direkte Konkurrent, der etwas schwerere Audi Quattro A2, zur Verfügung hatte. Wie man seinerzeit mit all diesen Herausforderungen verfuhr, ruft Race for Glory: Audi vs. Lancia in Erinnerung und so werden wir nun auch hier Zeuge, mit welchen Problemen Fiorio zu kämpfen hatte, um mit diesem Wagen überhaupt den Hauch einer Chance zu haben. Er kam zu dem Schluß, dass es dafür mindestens den besten Fahrer seiner Zeit brauchen würde und nahm Kontakt zu Walter Röhrl (Volker Bruch) auf. Als Realist und analytisch denkender Fahrer wusste Röhrl jedoch sehr genau, dass es sehr viel mehr brauchen würde, um seine direkten Konkurrenten Hannu Mikkula (Gianmaria Martini) und Michèle Mouton (Esther Garrel) auf ihren allradgetriebenen Werks-Audi Quattro A2 zu schlagen.
1983 sah es also wirklich so aus, als ob Lancia aufgrund ihres Festhaltens am Hinterradantrieb den Anschluss verlieren würde. Soweit stimmt der Film. Noch 1974, 1975 und 1976 hatten sie unter Fiorios Aufsicht bekanntlich drei Marken-Weltmeisterschaften mit dem hinterradangetriebenen Lancia Stratos HF gewonnen. Und in den fünf Jahren danach gewannen Fiat und Ford ebenfalls mit diesem Antriebskonzept. Warum also etwas ändern?
Das sahen allerdings nicht alle so. Bereits im Jahre 1979 war Audi-Ingenieur Roland Gumpert, im Film leider von einem sichtbar unterforderten und zum Stichwortgeber verdammten Daniel Brühl verkörpert, vom damaligen Audi-Chef Ferdinand Piëch beauftragt worden, den Allradantrieb des ursprünglich für die Deutsche Bundeswehr entwickelten 75 PS VW Iltis Geländewagens für Rallyes fit zu machen. Die Leistung wurde auf gigantische 110 PS angehoben und so gewann der kleine Iltis im Jahre 1980 dann tatsächlich die Rallye Paris-Dakar. Während weitere Exemplare des Wagens auf den 2. und 4. Platz fuhren, kam sogar der mit 300kg Ersatzteilen beladene Service-Iltis noch als Neunter ins Ziel, Fahrer: Roland Gumpert! Wieder zurück im Entwicklungs- und Testbetrieb, war es Gumpert, nun Test-Ingenieur bei Audi, dem während eines Kältetests am Polarkreis mit Audi 80 und 100-Fronttrieblern aufgefallen war, dass der den damaligen Testkonvoi begleitende Standard-VW Iltis der Audi-Teammechaniker im Tiefschnee und auf Eis so gut klarkam, als wenn er über Asphalt fahren würde. Also fing Gumpert an, den Allradantrieb des Iltisses für den Einsatz in Audi-PKWs zu konvertieren. Das war der entscheidende Schritt nach vorne, ab 1981 stand der neue Audi Quattro dann bereit.
Warum diese kleinen Geschichtsausflüge überhaupt in eine Filmbesprechung zu Race for Glory: Audi vs. Lancia gehören, wissen Kenner der Materie ganz genau: An dieser Stelle hatte Audi nämlich nicht nur den geschichtlichen Verlauf des Rallyesports verändert, sondern hatte in vertraulichen Hinterzimmer Gesprächen mit dem verantwortlichen Motorsportverband, der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) wirtschaftlichen Druck aufgebaut und die Möglichkeit der Verwendung eines Allradantriebs in PKWs in das Gruppe B-Reglement schreiben lassen. Ein Passus ganz in Audis Sinne. Aufgrund seiner Festlegung auf das italienische Team frühstückt der Film diese Machtdemonstration leider nur als Zweizeiler ab, schade. Allradantriebe in PKWs mögen heute zu einem unspektakulären Komfortfeature für Großstadt-Smoothies verkommen sein aber als das Lancia-Abarth Rallye Team zum Saisonstart 1983 mit ihrem plötzlich altbacken erscheinenden Antriebskonzept erschienen, war allen Beteiligten klar, dass hier die Vergangenheit gegen die Zukunft antreten würde. Und Fiorio nahm die Herausforderung an.
Allerdings herrschten selbst in den eigenen Reihen Zweifel. Das Lancia Management glaubte nicht so recht an die Siegfähigkeit des Teams Fiorio/037 und dachte mehr oder weniger laut darüber nach, sich nach der Saison 1983 aus der Rallye-Weltmeisterschaft zurückzuziehen. Eine der Folgen war, dass Fiorio für 1983 nur ein sehr begrenztes Budget für den Gewinn der Weltmeisterschaft zur Verfügung stand. Er stand also auch an der firmenpolitischen Front unter erheblichem Erfolgsdruck und scheute sich deshalb auch nicht, mit allen Tricks die Dehnbarkeit des Gruppe B-Reglements auf die Probe zu stellen.
Zum Ärger von Audi-Rennleiter Gumpert öffnete dann auch Fiorio die Trickkiste und stocherte in diversen Grauzonen des Reglements herum, um mit dem Jahreswagen 037 eine Chance gegen das mit allen finanziellen Mitteln ausgestattete Team Audi Sport zu haben. Obwohl wirklich schon jeder dem Rally- oder Motorsport zugewandte Zuschauer ganze Enzyklopädien über diese Kniffe gelesen hat, gelingt Race for Glory: Audi vs. Lancia auch hier eine recht unterhaltsame Illustration dieser Tricks. Mit Rücksicht auf die Rallye-Unbefleckten unter den filminteressierten LeserInnen werde ich hier aber nicht weiter ins Detail gehen.
An dieser Stelle wird es Zeit für ein vertrauliches Wort unter uns Gebetsschwestern. Beginnen wir einfach mit der Lesart des Filmtitels Race for Glory: Audi vs. Lancia. Mag dieser durchaus eine gewisse Audi-Perspektive suggerieren, darf man sich davon nicht täuschen lassen. In Wirklichkeit blickt der italienische Regisseur Stefano Mordini natürlich ausschließlich durch die italienische Brille, wodurch die Rollen der beiden Audi-WerksfahrerInnen Michèle Mouton als schnellste Frau des Rallye-Zirkus (Konstrukteurs/Marken-Weltmeisterin), und die des kommenden Fahrer-Weltmeisters Hannu Mikkula zu Statisten degradiert wurden. Das ist vor allem deswegen schade, weil insbesondere Madame Mouton im Vorjahr auf ihrem Audi Quattro trotz ihrer drei Gesamtsiege in Portugal, Griechenland und Brasilien, die Weltmeisterschaft 1982 nur sehr knapp an den rechnerisch eigentlich unterlegenen, jedoch von Walter Röhrl vollkommen entfesselt gefahrenen Werks-Opel Ascona 400 verloren hatte.
Auch diese Hintergründe musste der Film leider ignorieren, obwohl sie eigentlich für die Erklärung der Motive und Handlungen aller Beteiligten sehr wichtig gewesen wären, aber geschenkt. Der Kampf Davids gegen Goliath sollte ja auch so spannend genug sein und Race for Glory: Audi vs. Lancia spielt natürlich virtuos auf der Klaviatur des kleinen David.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Lancia-Werbeslogan aus den 1980er Jahren: „Vittorio Lancia war ein paar Jahre zu jung, um das Auto erfinden zu können!“. Es scheint also zu stimmen, dass die Firma Lancia ihr Dasein als automobiler Underdog tatsächlich längst kultiviert hatte, Fratelli d’Italia!
Ganz und gar nicht im Geiste eines Underdogs zog man für ein Maximum an Authentizität schon im Vorfeld des Filmes alle möglichen und unmöglichen Register. In Zusammenarbeit mit der Film Commission Torino Piemonte wurden in Turin, der Heimat der Marke Lancia, bekannte Schauplätze der Lancia-Firmengeschichte gesucht und gefunden. So drehte man u.a. an den originalen Wirkungsstätten in der historischen Hochhaus-Zentrale von Lancia, sowie in den Werkstätten von Abarth im Turiner Vorort Mirafiori und natürlich auch auf dem legendären Testgelände in Balocco. Zusätzlich konnte die Filmproduktion auf das Archiv und die Anekdoten des unermüdlichen Helmut Deimel zurückgreifen, einen ausgewiesenen Chronisten des Rallyesports. Obwohl die Tonspur von Race for Glory: Audi vs. Lancia die normalerweise durch Mark und Bein gehenden Arbeitsgeräusche der Motoren und der Turbolader fast schon ein wenig zu unbeeindruckt abfrühstückt gelang es, neben Lancia Gamma, 7er BMW (E23), Fiat 131, und einiger originaler Transporter für die lebendigen Hintergründe, auch eine Handvoll herrlich originaler Lancia Beta Montecarlo im Neuzustand(!) zu beschaffen, die natürlich per CGI multipliziert werden mussten um auf 103 Stück zu kommen, trotzdem Wow! Wirklich Respekt nötigt es einem aber ab, dass die Produktion es tatsächlich schaffte, mindestens drei originale Lancia Rally 037 zu beschaffen (zwei im Martini- und einer im totip-Kampfanzug), sowie über den Londoner Händler Max Girardo auch einen echten Lancia Rally SE 037-001 Vorserienprototypen (rot), um sie alle fahrend und rennend(!) auf die Leinwand zu bringen. Nicht zu vergessen natürlich die mindestens fünf originalen, und ebenfalls fahrenden und rennenden Audi Quattro A2, darunter mindestens zwei Exemplare im originalgetreuen Werks-Farbschema. In das Fahrerlager platzierte man Porsche 911, VW Golf I im glaubwürdigen Rallytrim, einen echten Renault 5 Turbo 2 und möglicherweise sogar einen echten Rothmans–Opel Ascona 400. Einfach unglaublich, was die Ausstatter da für einen TV-Film organisieren konnten! Für einen Film, der die Schotter- und Asphaltkämpfe der Gruppe B thematisiert,und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der wertvolle Restbestand originaler Lancia Rally 037 Fahrzeuge (und die Prototypen!) eigentlich geschont werden sollte, ein wirklich beherzter und ehrenvoller Move. Wegen erwartbarer möglicher Schäden und der deshalb horrenden Versicherungsprämien sind originale Renngeräte in einem Film heutzutage längst nicht mehr selbstverständlich. Und für einen TV-Film sollte diese Ausstattung sogar einem Hauptgewinn gleichkommen. Diese nahezu paradiesischen Umstände könnten also die notwendigen Voraussetzungen für einen absolut überzeugenden Film über die Rallyeweltmeisterschaft 1983 sein. Was soll da schon schiefgehen?
Okay, vielleicht ging nichts komplett schief, aber mit zunehmender Filmlaufzeit war festzustellen, dass man eher die gesamte Rallye-Crew in den Fokus der Geschichte hätte stellen sollen. Man hätte sich beim Versuch, das Ziel zu erreichen, gegenseitig hochpushen, motivieren und unterstützten können, man wäre vielleicht sehr hoch gestiegen und noch tiefer gefallen. Der Zuschauer hätte so vielleicht wenigstens eine Chance gehabt, Interesse am Gewinn des Teames zu entwickeln oder mitzufiebern. Aber leider verschlief der Film alle diese Chancen und folgte ausschließlich dem
Teammanager Fiorio als zentralem Charakter. Den Charakterköpfen, die allesamt ein Teil des Menchanikerstab waren, war leider nicht mehr Screentime vergönnt und so materialisierte sich der weiße Elefant im Raum fast unmerklich. Offenbar wurde unterschätzt, dass der Name Cesare Fiorio, trotz all seiner unwidersprochenen Leistungen, bisher nicht in den universalen Wissensschatz der Allgemeinbildung übergegangen ist. Auch heute ist er weitestgehend nur dem Motorsport zugewandten Personenkreisen bekannt.
Es würde sich deshalb eigentlich anbieten, diese Figur interessant, vielschichtig und spannend zu gestalten. Selbst wenn der Regisseur ein enger Freund des echten Fiorio wäre (ist?) und diesem ein filmisches Geschenk machen wollte, bleibt es aber umso unverständlicher, warum man gerade hier glaubte, Scamarcios bedeutungsschwere Augenarbeit irgendwo zwischen einem süßen kleinen Welpen und einem zielorientierten anpackendem Alphatier würde ausreichen, um ihm bedingungslos durch den Film zu folgen. Scamarcio (John Wick 2) und Brühl (Rush) sind nachgewiesenermaßen wirklich überzeugende Schauspieler, aber hier nahm ich ihnen ihre Rollen nicht so recht ab. Eine kleine Tragödie, denn immerhin sind beide Schauspieler dem Rennsport nicht abgeneigt und Scamarcio kann sogar eine echte Leidenschaft für den Rallyesport vorweisen.
Anstatt jedoch diese Leidenschaft zu transportieren, entschieden die Autoren (Screenplay laut Abspann: Scamarcio selbst!), sich künstlerisch sehr weit aus dem Fenster zu lehnen und konstruierten (Vorsicht: Spoiler!) ihrem Film-Walter Röhrl eine sehr spezielle Freizeitbeschäftigung in den Filmcharakter. Vielleicht hätte man das noch wohlwollend als freie Interpretation eines Erstsemesters einer Filmhochschule hinnehmen können, dies jedoch leider nur bis zu jenem Zeitpunkt, an welchem man feststellen würde, dass dieses dramaturgisch ohnehin sehr dünne Brett nur deshalb nötig war, weil es den Boden für einen noch größeren Unsinn bereiten sollte. In Wirklichkeit bestätigte es nur, dass auch die kreativsten Ideen nicht unbedingt als Lösung für ein erzählerisches Problem taugen. Geradezu unverzeihlich ist jedoch, dass die gefundene Lösung eine echte Watschn für den echten Röhrl ist, dessen echte private Leidenschaft übrigens im Verwöhnen seiner fünf Katzen besteht. Während der echte Röhrl aber ganz sicher nicht das Auto im laufenden Rennen stoppen würde, nur weil er ein süßes kleines Kätzchen auf dem Fenstersims eines Bauernhauses gesehen hätte, kümmert das die Dramaturgie-Monteure des Film-Röhrl ganz und gar nicht. (Immer noch Spoiler!) Als Erstplatzierter(!) einer Etappe der Rallye Griechenland stoppt(!) er mitten in der Pampa doch glatt neben seinem persönlichen(!) „Special Interest“ und steigt einfach aus(!), während sich hinter den nahen Hügeln bereits laut grollend die Konkurrenten ankündigen! Was dann folgt, ist ein weiterer Sieg der Form über den Inhalt, aber zugegeben: Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon fast resigniert, weswegen mir selbst an den Haaren herbeigezogenes Augenfutter lieber war als überhaupt kein Augenfutter.
Vielleicht erschien den Machern Röhrls wahre Haustierleidenschaft ein wenig zu unspektakulär. Ausgerechnet aber dem nachgewiesenermaßen besten analytischen Rallyefahrer aller Zeiten(!) eine solche Unprofessionalität zu unterstellen, ist für die Motorsportfans unter den Filmzuschauern dann doch einem feindlichen Akt gleichzusetzen und kickt sie spätestens jetzt einfach aus der Story. Auch meine persönliche dramaturgische Flexibilität wurde an dieser Stelle überstrapaziert.
Genauso schräg geriet der Versuch, dem echten(!) Cesare Fiorio durch einen Gastauftritt die Ehre zu erweisen, indem die „suchende“ Kamera ihn konstruiert, beiläufig, alleine an einem Tisch sitzend, und in Richtung der Kamera lächelnd -meint: in Richtung des Hauptdarstellers lächelnd-, im Ballsaal „entdeckt“. Die Art der folgenden „Reaktion“ des Hauptdarstellers lässt darauf schließen, dass er und der echte Fiorio sehr wahrscheinlich nicht zur selben Zeit am Drehort waren. Vielleicht mögen Kamera und Schnitt an dieser Stelle nur etwas unbeholfen gewesen sein, aber so eine verunglückte Ehrerbietung habe ich selten gesehen.
Mein erstes Fazit ist eine gute Nachricht für all jene, die nach dem Jahr 2000 geboren sind. Wenn man mit einer späten Geburt beschenkt wurde und sich dann jahrelang den vergifteten und Algorithmus gesteuerten Sedierungen der Medien hingegeben hatte, dann werden einem die stellenweise etwas leidenschaftslos und unfertig wirkenden Dialoge unentwickelter Filmcharaktere gar nicht erst auffallen. In diesem Fall träfe gleichgültige Denkfaulheit in einem perfekten Sturm auf die betriebswirtschaftlichen Grenzen der Kreativität. Herrliche schmerzfreie Zutaten für ein durchschnittliches Konsumentenleben einerseits, aber das Fachpublikum sieht das naturgemäß schon wieder etwas anders. TV-Film hin oder her: Einmal mehr wurde hier ein Motorsportfilm gedreht, der die Angst der Produzenten nicht verbergen konnte, dass ein reales motorsportliches Ereignis aus sich heraus für Zuschauer nicht unterhaltsam genug sein würde.
Die Handlung wurde im Standgas durchgebummelt. Offensichtlich in der Absicht, all jenen einen netten Filmabend zu bescheren, die von ihren an Motorsport interessierten Partnern zu diesem Film überredet wurden, bietet Race for Glory: Audi vs. Lancia mehr Pflicht neben dem Rennbetrieb als Kür im Rennbetrieb. Interessanterweise sind es bezüglich dessen aber gerade die „Nicht“-Fans, denen auffällt, dass es hier zwischen den leidenschaftlichen Erzählungen ihrer an Motorsport interessierten Partner und dem, was man dann zu sehen bekommt, ein unerklärliches Gefälle gibt. Tja, und dann fragen diese ZweiflerInnen sich natürlich vollkommen zu Recht, warum ihre nerdigen Partner wegen des Motorsports so’n Geschiss machen. Was soll ich sagen, leider hat es sich nach so vielen Jahren immer noch nicht in die Etagen der Geldgeber herumgesprochen, dass man dem gefilmten Genre wirklich immer einen Bärendienst erweist, wenn man es verdünnt. Und bis zu einem gewissen Maße traf das ebenfalls auf Race for Glory: Audi vs. Lancia zu. Die unbequeme Wahrheit bleibt immer dieselbe: Motorsportliche Ereignisse müssen eigentlich immer nur im Stil eines konsequent harten Kriegsfilmes, eines Thrillers oder eines Dramas inszeniert werden, um glaubwürdig zu sein. Die Gemeinsamkeiten sind unübersehbar.
Trotz des ganzen Blutes auf meiner Plastikfolie erkannte der wohlmeinende Motorsportfan in mir aber die ehrenhafte Absicht von Race for Glory: Audi vs. Lancia, den guten Willen, die zwar nicht mit 100%, dennoch aber engagiert genug gefahrenen originalen Fahrzeuge und sogar einige Dutzend (echte?) Statisten, die sich direkt an den Filmstrecken durchaus in eine echte Gefahr gebracht hatten, sowie das in diesen Spielfilm gut platzierte und offenbar digital überarbeitete Filmmaterial aus den originalen alten Rallyes, vermutlich aus dem Archiv von Deimel. Aber auch wenn alle Beteiligten sich wirklich Mühe geben, die Geschichte mit Leben zu füllen, ist Race for Glory: Audi vs. Lancia leider nur bedingt als Motorsportfilm geeignet, weil er eine zu geringe Ambition hat, Biss zu zeigen… er hat einfach „zu wenig Zähne“!
Der Vergleich mag etwas hinken aber stellt euch einfach vor, ihr würdet z.B. Jurassic World: Das gefallene Königreich schauen, und (ein erneuter Spoiler!) Raptor Blue würde in der Dämmerung auf einer Anhöhe über einer Kleinstadt kurz innehalten, bevor sie in Richtung dieses Ortes läuft, das alles natürlich während des Abspanns, was natürlich Erwartungen erzeugt. Dann schaut ihr irgendwann Jurassic World: Ein neues Zeitalter, in welchem fast alle Saurier verendet sind und es hauptsächlich um übergroße Heuschrecken gehen würde. Ungefähr so, wie sich der durchschnittliche Raptoren- oder Saurierfan nach Sichtung von Jurassic World: Ein neues Zeitalter gefühlt hatte, so fühlte sich Race for Glory: Audi vs. Lancia für einen Zuschauer an, der sich seit Dekaden mit dem historischen Rallye-, oder Motorsport auseinandersetzt.
Am unbefriedigendsten ist aber die Erkenntnis, dass dieser Film, dessen Geschichte ja auf reale stattgefundene Vorgänge zurückgeht, all diese mühsam konstruierten und Spannung killenden künstlerischen Freiheiten am Rande der Geschichtsklitterung gar nicht nötig gehabt hätte. Ja, es stimmt: Als Motorsport- und Filminteressierter gleichermaßen ist man faule Kompromisse ja schon standardmäßig gewohnt, aber man hätte diesem Film wirklich(!) gewünscht, dass er ein emotional mitreißender Genre-Film werden würde, der diese hochspannende Ära samt ihrer Facetten endlich auch mal all jenen Zuschauern in einer unter die Haut gehenden Form präsentiert, die bisher nur wenig oder gar keine Schnittmengen in diese Welt hatten. Gerade im Zeitalter der digitalen Beliebigkeit und der leisen Elektroantriebe hätte es sehr viel mehr (Action-) Kamera-Arbeit samt mehr Motorenlärm und einer Vollblutvermarktung mit mitreißenden Promo-Bildern benötigt.
Aber was weiß ich schon. All diese Aspekte könnte man natürlich auch ignorieren und Race for Glory: Audi vs. Lancia als reinen Unterhaltungsfilm abtun und so zur weiteren Sedierung der Filmzuschauer beitragen. Ja, so würde man das wohl machen, um nicht anzuecken. Leider liegt mir das nicht. Insbesondere nicht, wenn ich mich gerade erst warmschreibe.
Für den Motorsportfreund hinterlässt Race for Glory: Audi vs. Lancia eher den Eindruck eines Selbstfindungslaufs auf vorher akkurat platzierten glühenden Kohleresten, anstatt einer lauten und chaotischen Rallye-Feuerhölle, von der Abwesenheit einer alles verzehrenden Menschen- und Materialmühle ganz zu schweigen. Ja, ich weiß, der Film wurde auch deshalb allgemein gehalten, um niemanden mit diesem Genre zu überfordern. So weit, so feige. Umso überraschender war es für mich, dass trotz des Einsatzes eigentlich in Watte zu packender Originalfahrzeuge, und mindestens einer Sequenz, die einen Tick schneller abgespielt wurde als es sich gehört, und auch einzelner Schnitte, die manchmal ein wenig Timing vermissen ließen, die reinen Fahraufnahmen der Fahrzeuge selbst, tatsächlich dynamisch genug waren. Es waren den Umständen entsprechend für mich natürlich zu wenige Fahraufnahmen, aber in ihnen konnte man wider Erwarten durchaus kleine Funken der Begeisterung aufblitzen sehen.
Vielleicht erklären uns ja die eingefügten Texttafeln (Plural!), warum das Fachpublikum so ratlos zurückbleibt. So weist am Filmanfang von Race for Glory: Audi vs. Lancia eine Texttafel darauf hin, dass er „frei auf wahren Begebenheiten“ basieren würde. Hätte man so stehen lassen können. Die Frage ist nur: Wenn die Produzenten wirklich sicher wären, dass man sich mit der Story im Bereich der künstlerischen Freiheit bewegt, warum braucht es dann eine etwas ausführlichere zweite(!) Texttafel am Ende des Filmes, die sich wie eine von Juristen formulierte Ausschlussklausel liest? Sie verkündet, dass Charaktere und Geschichten in diesem Film an „wahre Begebenheiten angelehnt“ wurden. Aha. Und „die Geschichte dafür von den Autoren neu erdacht werden musste“. Schau an. Also mussten auch „einige Charaktere und Geschehnisse eigens für die Geschichte geschaffen“ werden. Verständlich. Und der Autor der Texttafeln kommt zu dem Schluss, dass der Film deshalb nicht als „getreue Schilderung von Tatsachen angesehen werden kann“. Ah, da haben wir es. Ganz hübsch auf den Punkt gebracht, denn damit läßt sich wirklich alles entschuldigen. Hatten bei dieser Formulierung etwa tatsächlich Juristen ihre Finger im Spiel? Oder wollten die Produzenten nur die Rallye-Fans beruhigen? Wer weiß, aber beides würde mich nicht wundern. Immerhin scheute der Film sich nicht, real existierende Personen zu diffamieren, und für mein Verständnis weit über die Grenze der Rufschädigung hinaus, ihnen eine komplett neue Persönlichkeit anzudichten. In der Realität durchaus eine sympathische Persönlichkeit, wurde Roland Gumpert nämlich ebenfalls durch den dramaturgischen Reißwolf gedreht. Heraus kam ein überhebliches deutsches Arschloch, welches seinen italienischen Rivalen Fiorio mit dreister Respektlosigkeit behandelt.
Es ergibt schon irgendwie Sinn, dass man wegen des sichtbaren Mangels an erzählerischer Spannung irgendwie künstlich herbeigeschriebene persönliche Konflikte zwischen den Filmcharakteren erzeugen musste, um die erwünschte „David gegen Goliath“-Story zu unterfüttern.
Das man hierbei mehr wollte, als die Realität des Jahres 1983 hergab, zeigt sich leider auch in der durchschaubaren Platzierung eines kommenden Rallye-Talents, welches hier den fiktiven Namen Udo Kurt (Giulio Brizzi) trägt, und der ebenfalls nur beiläufig in Szene gesetzt wurde, der aber offenbar den 1986 verunglückten Rallyefahrer Henri Toivonen zum Vorbild haben soll. Weil diese Figur aber genauso schnell wieder verschwunden war wie sie aufgetaucht war, und der Film, speziell in diesem Falle, namentlich im Ungefähren bleiben musste, was vermutlich den Persönlichkeitsrechten von Toivonens Familie geschuldet war, wurde der Zuschauer leider nur erneut daran gehindert, emotional auf diesen Film einzusteigen. In jener Form, wie dieses Mittel aber im Film eingesetzt wurde, bleibt leider der Eindruck hängen, dass man hier sehr viel mehr wollte, als man zeigen durfte. Wohin man auch schaut, überall empfängt einen dieser gebremste (Handlungs-) Schaum.
In der Form, in der sich all diese mit Gewalt eingefügten Puzzleteile aneinanderreihen und sich unablässig bemühen, diese Ära unkenntlich zu machen, und trotz des lobenswerten Aufwandes an dargestellter Technik, reiht sich für den Motorsportfan leider auch Race for Glory: Audi vs. Lancia in eine unendliche Reihe von halbherzigen Versuchen ein, all das filmisch einzufangen, was ein Motorsportereignis samt seiner charismatischen Menschen drumherum überhaupt ausmacht. Den Einsatz aller involvierten Kräfte durchaus respektierend, war dennoch eine seltsame Distanz zwischen Schauspielern und ihren Rollen spürbar. Und das war leider ein weiterer Mangel, über den man nicht so leicht hinweg gehen kann.
Vielleicht ist es ja meine Persönlichkeit, dass ich von Filmen nicht mehr über den Tisch gezogen werden möchte, oder es ist doch mein Alter. Als Zeitzeuge erinnere ich mich nämlich noch viel zu genau, wie faszinierend, hektisch, aggressiv, vor allem aber, wie emotional, charismatisch und wie unfassbar schnell die Gruppe B auch 1983 schon war. Fahrer und Mechaniker waren echte Persönlichkeiten und trieften vor Schweiß. Erschrocken und erstaunt hat man damals den Mund angesichts der vermittelten Dynamik nicht mehr zu bekommen. Und hier? Hinzugefügte fiktive Charaktere, deren Rollen ebenfalls nie richtig ausgeformt wurden, stehen ratlos in der Gegend herum und blicken sorgenvoll ins Off.
Wie ihr natürlich schon längst gemerkt habt, haben Filme mit speziell diesen Zündaussetzern unter Motorsportfreunden wie mir natürlich kein sonderlich hohes Standing. Zur Erinnerung: Gerade für Genrefilme gilt bekanntlich sehr deutlich: „Know your customer!“.
Aber… ich befürchte fast, dass diese Verzerrung inzwischen vielleicht auch notwendig ist. Genauso sieht’s aus. Denn ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber selbst in meinem Wirkungskreis kann man diejenigen an einer halben Hand abzählen, welche um die Einmaligkeit der Gruppe B in der motorsportlichen Geschichte wissen. Na, und es ist wohl so, dass diese Handvoll potentieller Zuschauer offenbar nicht ganz ausreichen, um einen Rallye-Film refinanziert zu bekommen. Nur, einen gesamtheitlich guten Renn- oder Rallyesportfilm bekommt man so eher nicht.
Ich denke, dass sich ein Rallye-Film, der sein Genre ernst nimmt, weil er sich auf spannende reale(!) Vorgänge bezieht und man diese Vorgänge genauso spannend(!) inszeniert hat, sich aufgrund seiner dann ja vorhandenen Glaubwürdigkeit eigentlich von selbst refinanzieren sollte. Das wiederum würde jedoch nur dann funktionieren, wenn er die Zutaten und die Bereitschaft hat, den Zuschauer optisch und akustisch zu überwältigen, ihm sprichwörtlich einen Schlag in die Fresse zu geben. Denn wer will schon einen Film über eine Marslandung sehen, der nur im Kontrollzentrum spielt?
Hoffentlich bin ich hier verständlich genug: Wirklich jedes Genre lebt von der Leidenschaft, welche die Fans des jeweiligen Genres aufbringen, von der Lebenszeit, die sie darin investieren. Sie sind es, die jene manchmal hochkomplexen Interessensgebiete überhaupt für die Nachwelt am Leben halten, Archive anlegen oder Fachbücher schreiben. Zuallererst könnten Film-Produzenten und -autoren aber anfangen, nicht ausgerechnet jene fachlich interessierten Gruppen zu verschrecken, auf die man in der Vermarktung eigentlich angewiesen ist. Im Motorsport klangvolle Namen nicht als posende Abziehbilder zu verheizen wäre da schon mal ein Anfang.
Zusammengefasst könnte man sagen, dass die wichtigsten Zutaten vorhanden sind. Race for Glory: Audi vs. Lancia ist sehr gut ausgestattet und über die gesamte Laufzeit sachorientiert genug. Obwohl er auf einem sehr hohen technischen und handwerklichen Niveau gefilmt wurde, versäumt er es dennoch, in den 2. Gang zu schalten. Sträflichstes Versäumnis ist aber, dass nicht eine einzige Filmfigur wirklich durchdacht oder entwickelt ist; es kommt sogar zu sichtbaren Leerläufen der Schauspieler in ihren Rollen. Unter dem Strich bleibt es unbegreiflich, wie man so eine spannende Vorlage, ein so leidenschaftliches Thema mit so vielen guten Zutaten, so vielen liebevollen Details und noch dazu mit so vielen originalen Rallyefahrzeugen, so unglaublich leidenschaftslos erzählen kann.
Bitte versteht mich nicht falsch, man kann diesen Film recht gut schauen. Aber leider geht das nur, wenn man von den Menschen und Geschehnissen dieser Ära keine Kenntnisse hat. Gründe dafür wären, dass man entweder 40 Jahre hinter dem Mond lebte, sich kein motorsportliches Interesse ausgeprägt hat oder man eben noch nicht geboren war. Sie werden einen durchaus gut gefilmten und sehr gut ausgestatteten Unterhaltungsfilm mit gerade noch akzeptablen darstellerischen Leistungen sehen. Weil wir hier aber sehr wahrscheinlich einfach nur das exakte Äquivalent zu einem 8-Millionen-Euro Budget sehen, könnte man aber auch einfach zufrieden sein, was der TV-Film Race for Glory: Audi vs. Lancia gerade trotz dieses geringen Budgets immerhin dann doch alles auf die Beine stellen konnte, wenngleich sein Potenzial, bei nachkommenden Generationen ein tiefergehendes Interesse oder sogar eine Faszination für die motorsportlichen Ereignisse der Vergangenheit zu entzünden, eher gering erscheint.
Jetzt muss nur noch die Filmwirtschaft in letzter Konsequenz verstehen, wie groß die Fanbase des historischen Motorsports wirklich ist und dieses Genre genauso ernsthaft adaptieren, wie jedes andere Genre auch. Bis es aber so weit ist, werden die Fans der Materie ihre Phantomschmerzen aber auch weiterhin beim Sichten und Hören der Gruppe B-Filmaufnahmen aus der Vergangenheit bekämpfen müssen.
Und das, liebe Leserinnen und Leser, ist dann auch fast schon das für mich extrem unbefriedigende Ende des offiziellen Teils dieser Filmbesprechung.
Bei der mir vorliegenden Blu-ray gibt’s ein Wendecover; Bild und Ton waren klar und deutlich.
PS: Wer ebenfalls etwas zwiegespalten, frustriert oder gar ratlos aus der vorangegangenen Filmbesprechung gekommen ist, dem sei das Gruppe B-Addendums des Autoren empfohlen. Den Link in die Untiefen dieser Seite findet Ihr hier.
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