Warum nur? Warum? – TURBINE MEDIEN hat es sich nicht nehmen lassen, neben dem albernen Sprech-Pimmelfilmchen Harte Jungs auch noch dessen Sequel mit ins Mediabook zu packen. Noch dazu in der unzensierten FSK 16-Version, was bedeutet, dass wir noch mehr Anzüglichkeiten und fäkale Unappetitlichkeiten auf die Netzhaut bekommen. Drehbuch und Regie gingen diesmal auf die Kappe von Granz Henman, dem niemand verraten hat, dass Niveau keine Creme ist, mit der man sich die Hände vor dem Inszenieren einreiben muss. Gute Filme flutschen auch so auf die Leinwand – Knallharte Jungs hingegen bleibt immer wieder in den dunkelsten An(n)alen der deutschen Filmgeschichte stecken.

Drehbuch und Regie: Granz Henman

Darsteller: Tobias Schenke, Axel Stein, Diana Amft, Rebecca Mosselman (Rebecca von Mitzlaff)

Artikel von Christian Jürs

Am Ende von Harte Jungs war alles gut. Florian (Tobias Schenke) hatte seine Herzdame erobert, Red Bull (Axel Stein) bekam sogar den heißen Schul-Neuzugang ab und alle waren glücklich und zufrieden. Keine gute Ausgangslage für ein Sequel mit noch derberen Witzen. Also spult das Drehbuch die Situation einfach auf null zurück und schon beginnt das Spiel von Neuem.

Die Jungs sind also wieder Single und Florians bestes Stück meldet neue Bedarfsansprüche an. Diesmal mit der verstellten Stimme von Vivian Kanner, die im Original noch als „Herrin Yanya“ für aberwitzige (urgs) Telefonsex-Fremdscham-Momente sorgte. Hier darf sie so richtig comichaft krächzen, was mir persönlich arg auf die Nerven ging. Doch es sollte noch das kleinste Übel von Knallharte Jungs sein.

Mittlerweile steht der Schulabschluss von Flo und Red Bull vor der Tür. Grund genug, nochmal so richtig die Sau rauszulassen. Dies findet auch Flos bestes Stück, welches den Jungen veranlasst, seine pornös auftretende Lehrerin Frau Müllerschön (Miriam von Versen) unsittlich erst am Po und schließlich fest am Busen zu begrabschen. Was im wahren Leben eine Straftat ist, bringt dem Jungen lediglich einen Besuch bei Sexualtherapeutin Regina Deutsch (Christine Neubauer) ein, die ihren Beruf verfehlt zu haben scheint, erweckt sie beim Zuschauer doch eher den Verdacht, als Domina tätig zu sein.

Doch darum geht es im Kern natürlich nicht. Flo ist in seine sympathische Mitschülerin Maja (Diana Amft) verknallt und gibt sich daher als neue Pflegekraft für ihre debile, aber auch boshafte, saufende und furzende Oma (Carmen-Maja Antoni) aus, was natürlich zu schlimmen Peinlichkeiten führt. Red Bull verkleidet sich derweil als dickliche Wande aus Wuppertal, um im Mädchen Hockey-Team von Maja diese auf Flos Vorzüge aufmerksam zu machen und gleichzeitig Teamkollegin Silke (Rebecca Mosselman) und ihre Freundinnen anzugraben. End of Story.

Meine Fresse, war Harte Jungs noch eine harmlos-pubertäre Sexklamotte, mutierte das Sequel zu einer Pornofantasie ohne Sexszenen. Kein Witz, hier verhalten sich alle Typen so notgeil wie ein Elektriker mit Maske vorm Gesicht, während er vor einem Strohballen steht, während alle, wirklich alle Mädchen und Frauen in Knallharte Jungs vom Intellekt und Auftreten her ebenfalls aus einem Rein-Raus-Film stammen könnten. Selbst die eigentliche Sympathieträgerin Diana Amft erliegt, egal was auch schlimmes passiert, immer wieder aufs Neue dem Charme (???) von Florian und gibt ihm eine weitere Chance. Kein Wunder, dass vom Original-Cast kaum jemand übriggeblieben ist. Nicht mal Flos Filmeltern lassen sich hier nochmals blicken und auch Luise Helm tat gut daran, diese Ansammlung von Sperma-, Kot- und Rotzewitzen (!) weiträumig zu umfahren. Da helfen auch die Gastauftritte von Michael Bully Herbig und Axel Milberg nix, man befindet sich noch weit unter dem Niveau der Direct-to-Video-Fortsetzungen des warmen Apfelkuchens, bekannt als American Pie präsentiert.

Knallharte Jungs habe ich meiner Frau und meiner Tochter (glücklicherweise) erspart. Doch solltet Ihr vielleicht meine Meinung nicht auf die Goldwaage legen, denn tatsächlich gewann Knallharte Jungs den Deutschen Comedypreis in der Kategorie „Beste Kinokomödie„. Vielleicht ist es aber auch ein Indiz dafür, dass 2002 kein gutes Komödienjahr in Deutschland war. Das muss jeder selbst mit sich ausmachen. Ich konnte über haarige Taschenmuschies, vollgemachte Toiletten und heftige Allergiereaktionen so gar nicht lachen, nichtmal schmunzeln. Immerhin, Axel Stein sticht mal wieder mit Spielfreude hervor, während Tobias Schenke zum Abgewöhnen agiert. 2023 veröffentlichte Netflix übrigens einen dritten Teil der Reihe unter dem Titel Hammerharte Jungs, allerdings ohne Tobias Schenke und Axel Stein, dafür aber wieder unter der Regie von Granz Henman. Ich betrachte das als Warnung.

Die Veröffentlichung seitens Turbine Medien bleibt aber auch weiterhin über jeden Zweifel erhaben. Auch Teil 2 verfügt über eine tolle Bild- und Tonqualität und reihenweise Extras. So findet man Interviews mit Cast und Crew, Deleted Scenes, ein Making-of, Casting- und Kameratests, einen Teamfilm und Trailer im Bonusmaterial. Außerdem gebührt auch der Fortsetzung ein Teil des Booklets.

Rezension Harte Jungs

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