Es ist was los an der Horrorfront! Bevor Schlitzer-Ikone Michael Myers in David Gordon Greens „Halloween“ seine Rückkehr feiern darf, kommt der Zuschauer schon jetzt in den Genuss klassischer Slasher-Kost. In „The Strangers: Opfernacht“, der seit dem 21. Juli in den hiesigen Kinos zu sehen ist, treffen wir nach zehn Jahren erneut auf die maskierten Mörder, die ihren Blutdurst an unschuldigen Menschen stillen. Ob das Sequel ein ähnlich spannendes Unterfangen wie der Erstling darstellt, oder ob es sich doch nur um Teenie-Horror von der Stange handelt, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Kritik.
Originaltitel: The Strangers: Prey at Night
Drehbuch: Bryan Bertino, Ben Ketai
Regie: Johannes Roberts
Darsteller: Christina Hendricks, Martin Henderson, Bailee Madison, Lewis Pullman…
Artikel von Christopher Feldmann
Als Bryan Bertino im Jahr 2008 „The Strangers“ auf die Leinwand brachte, dauerte es nicht lange und der, für wenig Geld produzierte, Film avancierte zum Geheimtipp unter Horror-Fans. Trotz austauschbarer Story, lieferte der Home-Invasion Horror genug Spannung und Schocks, um einem ausgelutschten Genre einen neuen Impuls zu geben. Man muss das Rad nämlich nicht neu erfinden, man sollte es aber gut machen. Dabei ist die Anspielung auf „Halloween“ in der Einleitung nicht zufällig gewählt. Auch „The Strangers“ lieferte, wie einst John Carpenters Meisterwerk, keine Erklärungen oder Motive, sondern konzentrierte sich auf den Effekt, was für reichlich nervenzerrende 90 Minuten sorgte. Nun, zehn Jahre später, erblickt nun eine Fortsetzung das Licht der Leinwand. Eine Fortsetzung, die eigentlich keiner wirklich gebraucht hätte. Trotzdem hatte ich Lust auf den Film, da mir der Trailer gefiel. Auch wenn „The Strangers: Opfernacht“ seine Momente hat, so ist er im Kern ein austauschbarer Slasherfilm, bei dem sich Alles so anfühlt, als hätte man es schon dutzende Male gesehen. Ich will euch erklären warum!
Die Handlung ist schnell erklärt. Das Ehepaar Cindy (Christina Hendricks) und Mike (Martin Henderson) machen sich mit ihrem Sohn Luke (Lewis Pullman) und der rebellischen Tochter Kinsey (Bailee Madison) auf zum Trailerpark von Tante Shelley und Onkel Marv. Kinsey soll auf ein Internat geschickt werden, weswegen man noch etwas Zeit als Familie verbringen möchte. Der Park ist recht leer, da zu dieser Jahreszeit keine Menschen dort sind. Als es Abends an der Tür klopft und sich ein seltsames Mädchen nach Tara erkundigt, geht der Horror los. Die drei maskierten Psychopaten aus dem Vorgänger machen Jagd auf die Familie und nutzen den verwinkelten Trailerpark für ihr blutiges Katz- und Mauspiel.
„The Strangers“ war 2008 nicht originell aber wirkungsvoll. Auf beengtem Raum entstand klaustrophobischer Home-Invasion Horror, der zudem mit zwei gut aufspielenden Hauptfiguren punkten konnte, mit denen man leiden konnte und die auch etwas Persönlichkeit zeigten. In „The Strangers: Opfernacht“ wird das Konzept variiert. Der Trailerpark erweist sich als stimmungsvolle Kulisse und hat einige interessante Set-Pieces zu bieten. Getreu einer Fortsetzung geht es hier etwas blutiger zur Sache, und das obwohl der Film ab 16 Jahren freigegeben ist, im Gegensatz zum Vorgänger, der das Siegel „keine Jugendfreigabe“ trägt. Die Inszenierung ist recht temporeich und Regisseur Johannes Roberts lässt kaum Zeit zum durch atmen. Der Streifen versteht sich als Hommage an klassische Slasherfilme. So wecken die Nebenschwaden und der gelegentliche Einsatz von Synthie-Musik Erinnerungen an frühe Werke von John Carpenter. Auch das Ende vor dem Epilog ist eine klare Referenz an Tobe Hoopers „The Texas Chainsaw Massacre“. „The Strangers: Opfernacht“ sampelt Elemente früherer Tage, was besonders klassische Horror-Nerds freuen dürfte. Auch die handgemachten Gore-Effekte können sich mehr als sehen lassen und wecken ein wohlig warmes Gefühl in Fans von B-Movies und Genre-Filmen.
Dem steht leider ein Drehbuch gegenüber, welches völliger Quatsch ist. Im Jahr 2018 erwartet man einfach etwas Intelligenteres als Das hier Gebotene. Bryan Bertino, der Regisseur des ersten Teils, fungierte hier als Autor und reiht ohne Selbstreflektion oder Ironie ein Klischee an das Nächste. Die Protagonisten gehen in Wohnwagen, wo sich nicht rein gehen müssten und machen alles Mögliche, ohne einen geeigneten Fluchtweg zu suchen. Ständig regt man sich darüber auf, dass eine Person irgendetwas Dummes tut. Das hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack und wirkt nur altbacken, denn man hat nichts Neues hinzuzufügen, sondern spult die schon tausendmal gesehenen Genre-Konventionen ab. Das schlägt besonders auf den Magen, wenn man bedenkt, dass man hier groß referenziert. Wes Craven hat es zum Beispiel damals mit „Scream“ (1996) richtig gemacht. Eine Hommage an die Slasher der 80er, dessen Regeln aber gekonnt gebrochen und zitiert werden. Craven hatte über das Genre etwas zu sagen, Roberts NICHT! So ist der Film vorhersehbar, unglaubwürdig und auf dramaturgischer Ebene einfach enttäuschend und überraschungsarm. Schade eigentlich, denn die Inszenierung weiß wirklich zu gefallen.
Einen großen Anteil haben auch die Schauspieler, besser gesagt ihre Figuren. Die Akteure sind keine A-Stars aber spielen adäquat. Die Figuren hingegen sind schlecht geschrieben und besitzen keine Fallhöhe. Man fiebert einfach nicht mit. Warum man mit seinen Teenager-Kindern ein paar Tage in einem verlassenen, abgewichsten Trailerpark verbringen soll, macht schon wenig Sinn und dient als dumme Motivation für ein, wenn auch nicht schlechtes, Location-Konzept. Liv Tyler und Scott Speedman, die im ersten Teil die Hauptrollen spielten, besaßen mehr Menschlichkeit, hatten mehr Identifikationspotential und hatten auch mehr Raum, um ihre Figuren zu etablieren. Dies geht der Fortsetzung leider völlig ab.
„The Strangers: Opfernacht“ ist ein optisch hübscher Slasherfilm. Gut inszeniert und mit kleinen Referenzen an vergangene Tage gespickt, weiß das Sequel durchaus zu gefallen. Ein doofes, überraschungsarmes, sowie vorhersehbares Drehbuch und blöde Figuren schmälern allerdings den Gesamteindruck, so dass am Ende nur ein durchschnittlicher Horrorstreifen übrig bleibt, der lediglich eingefleischte Fans zufrieden stellen dürfte, die den 80ern hinterher trauern.
Trailer: