Als wäre nicht 1997 sondern 1977, drehte Anthony M. Dawson (KOMMANDO LEOPARD, 1985) nach einem Drehbuch von Bruno Corbucci, dem Vater von Sergio Corbucci (DJANGO, 1966) mit ZWEI FÄUSTE FÜR MIAMI eine unverdrossene Italo-Trash-Perle des schlechten Timings und der aberwitzigen Tricks, in dem Terence Hill Teil eines Computerprogramms ist und als Hologramm einen Fall lösen muss. Das klingt, als sollte man sich den Film lieber nicht ansehen, doch es gibt einen Grund es doch zu tun.
Originaltitel: Potenza virtuale
Alternativtitel: Zwei Fäuste in Miami / Virtual Weapon
Regie: Antonio Margheriti (Anthony M. Dawson)
Darsteller: Terence Hill, Marvelous Marvin Hagler, Giselle Blondet
Artikel von Kai Kinnert
Kaum hat man den Start-Knopf auf der Fernbedienung gedrückt, fühlt man sich gleich an die Serien der 80er erinnert. Mit einem irgendwie improvisierten Kameraflug über Miami bei Nacht, beginnt zu einem melodisch-seichten Euro-Pop-Song der Streifen und lässt schon jetzt ungute Gefühle aufkommen. Sofort springt einem der Anachronismus bei ZWEI FÄUSTE FÜR MIAMI an. Der Film erschien 1997, ein Jahr, in dem TITANIC, LOST WORLD oder GATTACA liefen. Der technische Standard und die Sehgewohnheiten des Publikums hatte schon längst die 70er und 80er verlassen. Doch Dawson tut so, als gäbe es das alles nicht und nagelt wie ein irrer Amateur den Film zusammen, als hätte er nie eine Premiere zu befürchten gehabt. Hatte er auch nicht. „Aber wir haben ja Terence Hill!“ muss sich der Produzent gedacht haben und schon geht es nach dem Hubschrauberflug weiter im städtischen Flughafen, der aussieht, als hätte man alle Innenaufnahmen in den alten Kulissen von ZWEI AUSSER RAND UND BAND gedreht.
Kaum sitzt man also auf dem Sofa und versucht sich Hoffnung zu machen, kommt Marvelous Marvin Hagler ins Spiel. Er ist Cop und Kollege von Hill und will ihn am Gate abholen. Hagler ist nicht Bud Spencer, klar, aber er ist auch sonst kein passender Ersatz. Dann tritt Terence Hill auf und wirkt so frisch, als wäre 1980 und nicht 1997. Er tut einem sofort leid, denn auch ihm muss klar gewesen sein, dass das Drehbuch der allerletzte Mist ist, doch Hill bleibt seinem Image bis zum letzten Kinnhaken treu und rappelt fortan alles runter, was ihm der Meister angedichtet hat. Die Dialoge sind unwitzig und das bleibt auch so. Während man noch darüber nachdenkt, ob der Film wenigstens noch eine gute Klopperei haben könnte, denn immerhin war Hagler Profiboxer, landen die Beiden mit dämlichen Dialogen in der Tiefgarage, wo Hagler parkt.
Kaum steigen Hagler und Hill ins Auto, passiert es. Sie werden aus einem fahrenden Transporter heraus beschossen. Wir befinden uns in Minute 4 des Films. Bevor man da schon in Fluchtschlaf fällt, beginnt also die Action. Und die ist schon mal schlecht gefilmt, zumal auch noch ein Scheinwerfer in Haglers Karre am Handschuhfach klemmt. Aber das sollte erst der Anfang gewesen sein.
Die darauf hin beginnende Verfolgungsjagd hätte selbst Ed Wood so nicht gedreht. Nicht nur, das es lustig-miese Rückprojektionen gibt (die sind im Film oft zu sehen) und für die Nahaufnahmen am Auto gerüttelt wird und Gegenstände auf die Karre geworfen werden, nein, man bedient sich für die Jagd über die Brücke einfach an Magnet geführten Spielzeugautos, die auf einem Carrera-Bahn-Rohentwurf durch den Hobbykeller des Produzenten fahren. Nicht nur, dass das Modell katastrophal ausgestattet ist, es stimmt auch der Maßstab nicht. Und so bekommt man eine Actionsequenz geliefert, die wie die Testaufnahme zum JIM KNOPF Actionfilm aussieht und dem Film endlich Bestätigung und somit eine Wendung gibt.
Sofort ist man bei der Sache. Ein echter SchleFaZ tut sich da gerade auf. Plötzlich schlägt einem ab hier die völlige Demenz des Regisseurs entgegen, die sich in der zweiten Hälfte des Films noch zu steigern weiß. Hill ist in diesem Machwerk natürlich der strahlende, freche Cop, der auch eine Freundin hat. An diesen Stellen wird’s dann kindlich-romantisch und es ist wieder Zeit für den Song vom Anfang. Die Freundin hat auch eine Tochter, die Terence Hill später aus einem Computerspiel als Hologramm zurück in den Film holt. Denn es passiert nach der famos-dämlichen Verfolgungsjagd noch ein bisschen Handlung, an die ich mich leider nicht mehr erinnern kann. Ein paar Gangster und ein Hypersprengstoff spielen eine Rolle. Hill verschwindet in den ersten 50 Minuten und ich weiß nicht warum. Ich weiß nur, das er plötzlich auf einem PC als Figur in einem Spiel der Tochter landet. Sie lenkt einen Terence Hill per Joystick durch eine Art Jump & Run und gewinnt. Hill gibt ihr nun Anweisungen, wie sie ihn als Hologramm erscheinen lassen kann. Sehen können ihn dann allerdings nur die Menschen, die ihn lieben.
Mal davon abgesehen, dass das ganz schön egoistisch ist, sieht die Tochter anschließend Terence Hill aufgrund ihrer Liebe und muss den Trick nun ihrer Mutter beibringen. Um die Mutter von seiner Anwesenheit zu überzeugen, lässt Hill eine Rose fliegen. Daraufhin erblüht ihr Glaube und sie kann Hill sehen. Mit Hagler das Gleiche. Und weil Terence Hill ab da nur noch ein schlecht einkopierter „Geist“ ist und ausschließlich PCs bedienen und Rosen fliegen lassen kann, muss er jetzt mit Hilfe der Tochter und Hagler den Fall zu Ende bringen, der mit dem Attentat am Anfang zu tun hat.
Und tatsächlich fliegen fortan nicht nur Spielzeugautos durch die Luft, sondern auch Rosen an sichtbaren Angelschnüren. In AMAZONEN AUF DEM MOND (1987) war solcher Schlunz noch gewollt, hier ist er wahr geworden.
Schön sind auch die weiteren Autostunts und Explosionen im weiterhin schiefen Modellbaukasten. Es gibt zwei größere Kloppereien und ein paar kurze Scharmützel mit kleinen Gags. Hagler teilt dabei passabel aus und Hill macht eben den Hill. Doch Schnitt, Stunts und Choreografie stimmen oft nicht und so konzentriert man sich auf die schlechten Effekte, von denen man so langsam nicht genug bekommt. Auch sonst lohnt es sich auf Details zu achten. In diesem irrsinnigen Spektakel des völligen Unvermögens wird man von Terence Hill angestrahlt, als hätte er aus Sicherheitsgründen nie das Drehbuch gelesen.
Der Film ist so ungewöhnlich schlecht, das er schon wieder interessant ist. Doch die Dialoge braten einem die Großhirnrinde durch und sind leider nicht witzig. Es gibt viel zu entdecken, wenn man sich darauf einlässt. ZWEI FÄUSTE FÜR MIAMI ist insgesamt nur in wenigen Momenten gewollt lustig. Die Tricks sind allerdings die Wucht.
Trailer: