Deutsche Filme haben es schwer. Die Vielfalt an unterschiedlichen Werken ist in hiesigen Gefilden eher dünn und doch schafft es hin und wieder ein Genre-Werk in die Kinos, wenn auch meist unter Ausschluss der breiten Masse. Mit „Freddy/Eddy“ (2016) bringt EUROVIDEO nun einen weiteren Versuch ins Heimkino, dessen Auswertung in den Lichtspielhäusern spurlos an mir vorbei ging. Ob hier nun eine Perle vorliegt oder doch nur wieder verschenktes Potential, verraten wir euch in unserer Kritik.
Drehbuch & Regie: Tini Tüllmann
Darsteller: Felix Schäfer, Jessica Schwarz, Burghart Klaußner, Alexander Finkenwirth…
Artikel von Christopher Feldmann
Man mag es kaum glauben, aber zwischen dem ewig gleichen Schweiger/Schweighöfer-Quatsch und postpubertärem Durchfall wie „Fack Ju Göhte“, kommt ab und zu doch etwas Genre-Kino made in Germany ans Tageslicht. Ein gutes Beispiel ist zum Beispiel der Hacker-Thriller „Who Am I“ (2014), der zwar nicht unbedingt gut war aber zumindest erfrischend ausfiel, da man endlich mal wieder etwas Neues ausprobiert hat. Ähnlich ambitioniert kommt Tini Tüllmanns Langfilm-Debüt „Freddy/Eddy“ (2016) daher, der in all dem langweiligen Schmarrn mal wieder versucht andere Wege zu gehen. Trotz dessen fährt der Psychothriller leider nur mit angezogener Handbremse und versinkt, trotz guter zweiter Hälfte allzu sehr in bekannte Muster.
Freddy (Felix Schäfer) ist Maler und hat derzeit einige Probleme, da er sich in einem Sorgerechtsstreit mit seiner untreuen Ex-Freundin befindet, da er diese in flagranti erwischt und, zusammen mit ihrem Liebhaber, verprügelt hat. Doch Freddy beteuert unschuldig zu sein. Er beschwört, sein Doppelgänger Eddy (ebenfalls Felix Schäfer), der ihn schon seit seiner Jugend begleitet, habe die Tat begangen. Natürlich schenkt niemand dem gebeutelten Künstler glauben. Auch sein Psychiater (Burghart Klaußner), den er verordnet bekommt, beharrt auf eine schizophrene Erkrankung. Freddy ist ein emotionales Wrack und lediglich die Flirts mit seiner neuen Nachbarin (Jessica Schwarz) scheinen ihm Hoffnung zu geben. Doch Eddy taucht immer wieder auf und nimmt sich den Problemen an, denen Freddy nicht Herr zu werden scheint, mit fatalen Folgen!
Ich gehe wirklich mit langen Zähnen an deutsches Kino, da es mir oft zu bieder und zu unoriginell erscheint. „Freddy/Eddy“ bildet ebenfalls keine Ausnahme. Tini Tüllmann, die den Thriller geschrieben und inszeniert hat, bedient sich bei allerlei bekannten Motiven und Drehbuchkniffen. Die Prämisse um einen scheinbar schizophrenen Mann, dessen zweites Ich die eher dunkle Seite verkörpert, haben wir schon ein bisschen zu oft im Kino gesehen. Egal ob „Fight Club“ (1998) oder in den letzten Jahren „Split“ (2016), sowie die deutsche Produktion „Stereo“ (2016), alle zeigen im Prinzip dasselbe! Kann man machen, wenn man es schafft, dem Thema neue Aspekte und Facetten abzugewinnen. Dies schafft Tüllmanns Film leider selten. Zu behäbig gestaltet sich die erste Hälfte des Films, in der wir Freddys Ausbrüche nur in Umrissen geschildert bekommen. Zu langatmig und bieder werden die aufkommenden Eddy-Momente geschildert. Dem Zuschauer fällt es schwer einen Zugang zu finden, da man immer das Gefühl hat, dass man eine Geschichte erzählt bekommt, die versucht die fiesen Momente und die wirklich interessanten Szenen zu umschiffen. Letztendlich fußt die ganze Chose auf häuslicher Gewalt und kommt somit nur wenig in Gang, um wirklich dramatisch, geschweige denn mitreißend zu werden. Das ist schade, denn eigentlich ist das Skript im Kern gut geschrieben und die Dialoge wirken durchaus lebensnah. Erst in der zweiten Hälfte versucht der Film an Fahrt aufzunehmen, was ihm auch in vielerlei Hinsicht gelingt. Endlich passiert mal was, was auch von eklatanter Bedeutung ist, nur um irgendwie im Nichts zu verschwinden. Eine, angedeutete, Missbrauchssituation wird lediglich wegerzählt und hat augenscheinlich keinerlei Bedeutung für die Figuren. Das stört den Erzählflusss ungemein.
Größter Schwachpunkt ist wahrscheinlich Tüllmanns biedere und langweilige Inszenierung. Es ist zwar ziemlich pauschal das zu sagen aber „typisch deutsch“! Tüllmann dreht ihren Thriller inkonsequent herunter und spart Szenen in denen es etwas deftiger und packender werden könnte einfach aus, sonst müsste man ja Blut zeigen. Das ist genau das was mich am deutschen Kino stört, diese Mutlosigkeit. Die Vergewaltigung einer 14-jährigen hätte man doch mal zeigen können. Nicht, weil es mich erfreuen würde, sondern weil das mal ein emotionaler Ankerpunkt gewesen wäre, mit dem man hätte arbeiten können. Aber nein, „Freddy/Eddy“ versauert in tristen Bildern und plumpen Schnitt/Gegenschnitt-Einstellungen. Einzig die Besetzung ist gut. Newcomer Felix Schäfer meistert seine Doppelrolle und vermittelt gut die innere Zerrissenheit, die Verzweiflung, sowie das Böse und nihilistische. Auch die Nebenrollen rund um Jessica Schwarz und Burghart Klaußner funktionieren sehr gut und erzeugen in der letzten halben Stunde noch halbwegs genug Spannung, dass man am Ball bleibt.
Fazit:
„Freddy/Eddy“ (2016) von Tini Tüllmann ist mal wieder ein halbgarer Versuch deutsches Genre-Kino zu machen. Gute Darsteller, gute Dialoge und eine ansprechende, wenn auch etwas abgedroschene, Prämisse verkommen leider in einer mutlosen und biederen Inszenierung, die versucht problematische Szenarien zu umfahren, was den Psychothriller letztendlich nur im guckbaren Durchschnitt ansiedelt!