Kann ein gleichgeschlechtliches Paar ein Kind angemessen erziehen? Auf jeden Fall, denkt sich der Autor dieser Zeilen. Eigentlich müsste man solch eine Frage im Jahr 2018 gar nicht mehr stellen, jedoch gibt es noch genug intolerante Menschen, die das anders sehen. Wie dem auch sei, Andrew Flemings Komödie IDEAL HOME (2018), in Deutschland mit dem flapsig doofen Untertitel EIN VATER KOMMT SELTEN ALLEIN gestraft, konzentriert sich auf eben jene Thematik. Der, mit Steve Coogan und Paul Rudd, prominent besetzte Film zeigt die Höhen und Tiefen einer schwulen Partnerschaft, die mit dem Einzug eines kleinen Jungen gehörig aus den Fugen gerät. Ob sich hinter der Prämisse eine treffsichere Comedy verbirgt, klären wir in unserer Kritik!

Originaltitel: Ideal Home

Drehbuch & Regie: Andrew Fleming

Darsteller: Paul Rudd, Steve Coogan, Jack Gore, Alison Pill, Jake McDorman…

Artikel von Christopher Feldmann

Paul Rudd hat es weit gebracht. Einst in den 90ern gestartet, mit einer Nebenrolle in der Teenie-Klamotte CLUELESS (1995) und einer Hauptrolle in dem kruden Slasher-Sequel HALLOWEEN 6 (1995), mauserte sich der Schauspieler und Comedian über die Jahre zu einem gefragten, wie auch beliebten Mimen in Hollywood. Spätestens mit seiner Verpflichtung als ANT-MAN, und dem Einzug ins MARVEL CINEMATIC UNIVERSE, ist Rudd ganz oben angekommen. Und doch beehrt er uns immer wieder in kleinen Filmen, welche weit entfernt von den großen, starbesetzten Spektakeln sind. Mit IDEAL HOME (2018) wurde nun der mittlerweile fünfte Film veröffentlicht, in dem Rudd dieses Jahr zu sehen ist. Die warmherzig schräge Komödie von Andrew Fleming, der diesen Film schon seit vielen Jahren drehen wollte, nimmt sich dabei einem relevanten Thema an und präsentiert ein wohlhabendes, schwules Pärchen, das mit der Kindererziehung konfrontiert wird. Dabei bezieht Flemings Film deutlich Stellung zum Patchwork-Gedanken und bietet viele treffsichere Gags, auch wenn er auf diverse Tukken-Witze nicht verzichten kann.

Handlung:
Der kleine Angel (Jack Gore) hat es nicht leicht. Ständig gerät sein trinkender Vater (Jack McDorman) in Schwierigkeiten und als die Polizei einmal mehr vor der Tür steht, ermöglicht er dem Jungen zur Flucht aus dem Fenster, um ihn zu seinem, bisher unbekannten, Großvater zu schicken. Angel ist erstmal verwirrt und irritiert, denn Erasmus (Steve Coogan) ist ein überkandidelter schwuler TV-Koch, der mit seinem Lebensgefährten und Regisseur Paul (Rudd) in einem schicken Haus in Santa Fé lebt. Dass die beiden keinen blassen Dunst von Erziehung haben, zeigt sich schnell, doch als ihnen Schule und Jugendamt zusetzen, müssen sich der pflichtbewusste Paul und der egozentrische Paradiesvogel Erasmus am Riemen reißen. Ob das gut geht?

Andrew Flemings Film macht es sich zunächst recht einfach und bietet dem Zuschauer eine eher etwas faule Prämisse an. Unfähige Männer müssen lernen ein Kind zu erziehen, ein Handlungsmotiv, dass spätestens seit dem französischen Kassenschlager DREI MÄNNER UND EIN BABY (1985), sowie dem gleichnamigen US-Remake von 1987, und der Sitcom FULL HOUSE (1987-1995) recht bedient ist. So folgt auch IDEAL HOME dem gängigen Handlungsverlauf, indem er erstmal Welten aufeinander prallen lässt, damit sich die Figuren langsam aber sicher positiv entwickeln. Daraus resultiert eine gewisse Vorhersehbarkeit, die so manches „war ja klar“ beim Zuschauer hervorrufen dürfte. Dafür punktet das Drehbuch, ebenfalls von Fleming geschrieben, mit gelungenen Gags und seinem Händchen für die Figuren. Paul und Erasmus sind wahrscheinlich das unterhaltsamste Homo-Paar seit THE BIRDCAGE (1996), und werden von Rudd und Coogan mit viel Verve interpretiert. Rudd spielt dabei einen TV-Regisseur, der eigentlich gerne größeres tun würde, als die cheesy Kochshows seines Partners zu inszenieren. Mit Bart und Hippsterbrille ausgestattet portraitiert der ANT-MAN seine Figur als Gegenpart, als Ruhepol, der zwar viel Liebe für seine schlechtere Hälfte empfindet aber dennoch zunehmend unglücklich in der Beziehung ist. Als krasser Kontrast dazu, schießt Steve Coogan im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel ab. Sein Erasmus ist ein eitler, wie auch kindischer Lebemann, der am liebsten im Waschbär Pelz herumläuft und sich für erlesene Speisen interessiert, sowie für schicke Partys und Tequila. Das ruft natürlich erstmal Probleme mit der Erziehung auf den Plan, und während Erasmus aus Angst versucht dem Kind so gut es geht entgegen zu kommen, erkennt einzig Paul auf was es wirklich ankommt. Natürlich entwickeln sie sich weiter und natürlich wird auch Erasmus noch zu einer herzlichen Figur.

Dass die beiden das mit Erziehung hinkriegen, indem sie dazulernen und das sich der störrische Angel am Ende sichtlich wohl bei seinen Dads fühlt, liegt auf der Hand. Fleming versucht sich am Spagat zwischen Komödie und Drama, wobei er Ersterem öfters den Fokus schenkt. Oftmals versucht der Film sensibel zu sein und mit ernstem Ton Probleme anzusprechen, was aber immer wieder von Coogan gebrochen wird, in dem er beispielsweise eine Tasse in der Hand hat, auf der „Ich bin ein Idiot“ steht. So kommen die ernsten Untertöne nie so richtig zum Vorschein und das löbliche Anliegen des Films wird öfters durch die schwulen Witze untergraben. Da hilft es auch nichts, wenn Fleming den Abspann mit Bildern von glücklichen Familien bebildert, die allesamt gleichgeschlechtliche Partner beinhalten. Die Beziehung zwischen Angel und seinem Tunichtgut-Vater bleibt leider auf der Strecke und auch die Verlustangst Erasmus‘, sowie der Antrag auf das Sorgerecht, werden nur angerissen. So bleiben die wirklich starken Ansätze, die dem Film mehr Profil verleihen könnten, etwas halbgar.

Dafür punktet IDEAL HOME mit wirklich guten Momenten. Sei es der Kevin Costner-Gag, die spitzen Dialoge zwischen Rudd und Coogan oder der Running-Gag über TACO BELL, was fast schon nach Product Placement riecht. Der Film brachte mich oft zum Schmunzeln, teilweise habe ich auch schallend gelacht. Wenn Coogan sich am Telefon beschwert, dass er jetzt schon seit Stunden warte und er Angst hat, dass man ihn für einen Kinderschänder halten könnte, während er auf einem Spielplatz steht und einem Kind Süßigkeiten anbietet, dann ist das schon verflucht komisch. Coogan hat generell die denkwürdigste Rolle im Film. Man wartet nur darauf zu sehen, in welchen Fummel er sich jetzt wieder geworfen hat. Die Sprüche sitzen und er harmoniert auch sehr gut mit Rudd, der wesentlich weniger auf Klamauk ausgelegt ist, was eine homogene Mischung darstellt. Da fällt es fast schon nicht mehr ins Gewicht, dass sich der Film auch den standardisierten Tukken-Gags nicht entzieht. So muss die Dame vom Jugendamt natürlich die Pornosammlung der Beiden kritisieren und die Hüllen auch schön in die Kamera halten, um ein paar Titel wie BUTT PLUGGERZ oder SEX WARS zu nennen. Hätte nicht sein müssen, ist aber verzeihlich.

Fazit:
Andrew Flemings IDEAL HOME (2018) macht Vieles richtig. Zwar ist der Plot etwas abgegriffen, dafür punktet die Komödie mit einem guten Hauptdarstellerduo, treffsicheren Gags und einer angenehmen Warmherzigkeit, die den Film weniger schrill wirken lässt, sondern mehr down to Earth. Steve Coogan sticht zwar heraus, sorgt aber für den größten Unterhaltungswert.

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