„Kotz soviel Du willst, dass sieht man auf dem Shirt sowieso nicht.“ – Zitat Arnold Schwarzenegger. Da hat er jedoch die Rechnung ohne Capelight Pictures gemacht. Die würdigen den Klassiker, der mittlerweile vom Index geflogen ist und ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben wurde, endlich in diversen Veröffentlichungen, allesamt in hervorragender Qualität. Tja, Bösewicht Killian irrte halt, als er auf Arnies Spruch „Ich komme wieder.“ mit „Nur auf Videocassette.“ entgegnete, auch wenn eine der Auflagen diese Form der Rückkehr zumindest von außen suggeriert.  Mein Weihnachtsfest ist jedenfalls jetzt gerettet.

Originaltitel: The Running Man

Regie: Paul Michael Glaser

Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Maria Conchita Alonso, Yaphet Kotto, Richard Dawson, Jesse Ventura, Jim Brown, Professor Toru Tanaka, Mick Fleetwood

Artikel von Christian Jürs

„Bachman ist King – Stephen King ist Bachman”

Diese Worte prangten damals auf dem Roman „Menschenjagd“. Es war eines der Bücher, die King unter dem Pseudonym RIchard Bachman veröffentlichte, was ziemlich schnell aufflog. Rob Cohen hatte zu dem Zeitpunkt, an dem er die Filmrechte erwarb, jedoch keine Ahnung, dass King hinter der Story steckte.

Viele Gemeinsamkeiten mit Kings Vorlage hat diese „Battle Royale“- oder auch „Panem“-Variante aus der Feder von Steven E. de Souza, der auch die Drehbücher zu Klassikern wie PHANTOM COMMANDO der NUR 48 STUNDEN verfasste, allerdings nicht mehr. Um genau zu sein blieben zwar die Namen der Hauptprotagonisten erhalten, sowie die Tatsache, dass es sich um eine Fernsehshow handelt, bei der Menschen zu Tode gejagt werden. Ansonsten sind die Ähnlichkeiten eher marginal. Während in der Kingschen Variante die Hauptfigur, ein schmächtiger Normalo,  freiwillig an der Show teilnimmt um Geld für die Behandlung seiner kranken Tochter zu verdienen, ist der Titelheld in der Verfilmung weit weniger freiwillig dabei…und außerdem weit weniger schmächtig. Vorhang auf für die Arnie Show…

Alles beginnt mit einem Rolltext, der uns erläutert, dass die Weltwirtschaft in der damals noch so fernen Zukunft 2017 zusammengebrochen ist. Irgendwie visionär, den Untergang der Menschheit in das Jahr zu setzen, in dem Donald Trump sein Präsidentenamt antrat. Passend hierzu herrscht Diktatur. Da das Internet zur Produktionszeit noch nicht erfunden war, muss hier das Fernsehen als Informationsquelle fürs Volk dienen. Hauptattraktion im TV ist besagte Show „The Running Man“, in der verurteilte Schwerverbrecher von sogenannten Bluthunden (Killer-Söldnern) gehetzt werden. Entkommen die Kandidaten, sind sie frei. Entkommen sie nicht, sind sie Gulasch.

Doch bevor die Spiele beginnen, serviert uns der Film eine kleine Vorgeschichte. In dieser erhält Ben Richards (Schwarzenegger), Helikopterpilot bei der Polizei, den Auftrag, eine Horde unbewaffneter Demonstranten mit den Maschinengewehren eines Polizeihubschraubers zu exekutieren. „Ich ballere nicht auf Unschuldige!“ entgegnet Schwarzenegger mit der genialen Synchronstimme von Thomas Danneberg, was seinen anwesenden Kollegen so gar nicht schmeckt. Diese überwältigen Ihn kurzerhand und der Befehl wird trotzdem ausgeführt. Richards wird anschließend die Schuld in die Schuhe geschoben indem behauptet wird, er sei Amok gelaufen und habe ein Massaker unter den hilflosen Demonstranten angerichtet. Sein „Künstlername“: Der Schlächter von Bakersfield. #Lügenpresse

Richards landet im Gefängnis und der Film spult zwei Jahre vor. Dem Ex-Cop gelingt, dank der Hilfe einiger Untergrundkämpfer, die dem System den Kampf angesagt haben, die Flucht. Und hier haben wir dann auch schon die erste große Actionszene. Noch während die Credits zu Harold Faltermeyers schmissigem 80s-Soundtrack den Bildschirm füllen, dürfen Arnie und Co sich eine Schlacht mit den Wachen der Verwahrungsanstalt liefern. Da wird nach Herzenslust geballert und durch die Luft geflogen, dass es eine Freude ist. Erschwert wird die Flucht allerdings durch die hochexplosiven Halsbänder der Gefangenen. Harold Weiss (Marvin J.McIntyre) , der Nerd unter den Gefangenen (passend mit Nerdfrisur und ebensolcher Brille), kann mit Hilfe eines gestohlenen Laptops die Anlage zwar herunterfahren. Doch bevor die Bomben deaktiviert sind, rennt einer der Gefangenen einfach los (trotz aller „Nein! Bleib stehen! Dein Kopf wird explodieren!“ – Rufe seiner Freunde), was ihm buchstäblich den Kragen platzen lässt.

Nach gelungener Flucht bringen Weiss und Laughlin (Yaphet „Alien“ Kotto) Richards in ihr Geheimversteck, wo deren Anführer Mic (Kein geringerer als Mick Fleetwood von „Fleetwood Mac“) ihm das Halsband abnimmt. Fortan trennen sich ihre Wege. Richards sucht die Wohnung seines Bruders auf, der jedoch zur „Umerziehung“ abgeholt wurde. Seine Wohnung wurde bereits weitervermietet an Amber Mendez (Maria Conchita Alonso), einer Komponistin fürs Fernsehen („Kennst Du den Titel Wir bringen Euch Freude, wir bringen Euch Frohsinn? Der ist von mir.“). Netterweise hat man die Zahlenkombination für das Türschloss nicht geändert, damit Arnie ungehindert eindringen kann. Er nimmt Amber als Geisel um schnellstens, als Pärchen getarnt, das Land zu verlassen (nur komplett mit Jürgen von der Lippe-Gedächtnishemd). Doch Amber verpfeift Ben und dieser wandert wieder ins Gefängnis.

Hier unterbreitet der Moderator von Running Man, Damon Killian (Richard Dawson), Richards ein Angebot: Tritt er in der Spielshow Running Man an, hat Richards die Chance auf ein Leben in Freiheit. Tut er dies nicht, müssen die ebenfalls wieder eingelochten Weiss und Laughlin in die Showarena. Da Arnie der Good-Guy des Films ist, nimmt er das Angebot selbstverständlich an, denn der Nerd und sein Kumpel hätten nur wenige bis keine Überlebenschancen. Doch Ben hat die Rechnung ohne Killian gemacht, der sich in seiner Funktion als Kotzbrocken des Streifens nicht an die Abmachung hält und neben Richards auch seine beiden Freunde ins Rennen schickt. Auch die reumütige Amber wird, nachdem man sie beim Stöbern nach Beweismitteln für Richards Unschuld erwischt, in die Kampfarena geschickt. Schließlich braucht der Held ja einen Love-Interest.

Der Hauptteil des Films besteht nun aus der Spielshow, in der die Protagonisten über das riesige Studiogelände flüchten und pro Runde von einem der Gladiatoren gejagt werden. Hier war der Film ironischerweise tatsächlich wegweisend für das spätere TV-Programm. „Running Man“ diente nämlich als Vorlage für die US-TV Show „American Gladiators“. Allerdings werden die Jäger dort nicht mit Kettensägen und anderem Mordwerkzeug ausgestattet. Viel mehr gibt es über die Story eigentlich nicht zu erzählen ohne zu viel zu verraten. Wobei, Spoiler in einem Arnie-Actionvehikel? Hmmm…wer glaubt, dass die Gladiatoren ihn oder sein Weibchen abschlachten hat nicht alle Latten am Zaun (für Weiss und Laughlin würde ich jedoch nicht meine Hand ins Feuer legen). Natürlich hat keiner der Kämpfer auch nur den Hauch einer Chance gegen den Ex-Gouvernator. Und selbstverständlich gibt es coole Sprüche am laufenden Band.

Dank recht gut gefilmter Action und einer gehörigen Portion Ironie kann diese US-Popcorn-Variante des deutschen Kult-TV-Streifens DAS MILLIONENSPIEL (mit Dieter Hallervorden als Killer und Dieter Thomas Heck als Moderator) auch heute noch überzeugen. So bekommen wir völlig überspitzte Fernsehwerbung ganz nebenbei präsentiert, bei der beispielsweise Kindern nahegelegt wird, ihre Familienmitglieder anzuzeigen um zusätzliches Geld zu verdienen. Auch werden die Gladiatoren wie Boygroupstars gefeiert von einem Publikum, welches dämlicher nicht sein kann. Ach ja, und in Killians Büro hängt ein Werbeplakat für die beliebte TV-Serie HATE BOAT. Das wäre doch mal eine Alterative zum säuseligen TRAUMSCHIFF.

Zu guter Letzt möchte ich noch die Kostüme der Gladiatoren erwähnen. Diese sind in jeder Beziehung herrlich. Insbesondere „Dynamo“, der blinkende Fettsack, ist ein optischer Genuss. Der Film weiß hier ganz genau,  was er tut. Captain Freedom (Jesse „Ich hab keine Zeit zum bluten“ Ventura) entledigt sich seines Kostüms mit den Worten, er brauche diesen Mist nicht. Dank dieser ganzen Ironie funktioniert der Streifen auch heute noch wunderbar und wird dies wohl auch noch in den nächsten dreißig Jahren.

Ironie benötigten bislang auch der Verbraucher bezüglich der Veröffentlichungspolitik in Deutschland. Zur VHS-Zeit gab es zunächst eine stark zensierte FSK 16 Variante und eine ungekürzte (aber stark  abgedunkelte) FSK 18 Fassung, die dann auch noch auf dem Index landete. Später erschien noch von Billiganbieter Madison eine ungekürzte Neuauflage. Diese enthielt jedoch eine Neusynchro, für die sich jeder Porno schämen würde. Es folgten diverse DVD- und BluRay-Veröffentlichungen mit mieser Bildqualität, hier und da auch gerne geschnitten. Oft war zudem auch nur die minderwertige Synchronfassung enthalten. Höhepunkt der Frechheit war jedoch eine 3D BluRay (sic!) in unterirdischer Qualität mit Monoton. Doch jetzt können wir allesamt tief durchatmen, denn Capelight Pictures sorgt nun für das Rundum-Sorglos-Paket für Arniefans.

Doch hat man, anhand der Fülle der verschiedenen Veröffentlichungen, die Qual der Wahl. Aber egal, ob man zur Retro-VHS-Edition, dem Steelbook oder auch der Doppel-DVD greift, qualitativ war der Film hierzulande noch nie so schön zu bewundern wie heute. Vom Bild darf man natürlich keine Weltwunder erwarten (der Film wurde seinerzeit auf 35mm gefilmt), doch für einen Film von anno ´87 bekommen wir hier ein gestochen scharfes Sehvergnügen. Der Ton ist sogar noch besser und bietet, neben der englischen Sprachfassung (sogar in 7.1 Ton auf Blu-ray), die gute, alte Kinosynchro in glasklarer Tonwiedergabe (wahlweise in Stereo oder in gelungenem 5.1 Upmix). Zusätzlich gibt es noch einen Audiokommentar von Regisseur Paul Michael Glaser, den die älteren Leser wohl noch als Starsky aus der Serie STARSKY & HUTCH kennen dürften, oben drauf.

Die Mediabook-Variante, die mir zu Rezensionszwecken vorlag, beinhaltet den Film zudem auf DVD und Blu-ray. Eine Bonus-Bluray beinhaltet darüber hinaus einen ganzen Berg an unterschiedlichen, zumeist neuen Featurettes, beispielsweise über das Verhältnis zwischen Film und dem heutigen TV-Programm, sowie diversen Interviews, beispielsweise mit Drehbuchautor Steven E. de Souza oder Soundtrackkomponist Harold Faltermeyer. Apropos Faltermeyer, die Soundtrack CD liegt der wunderschönen Veröffentlichung ebenfalls bei (nur im Mediabook). Das 48 seitige, sehr stabile Booklet, verfasst von Nando Rohner, welches zudem diverse Storyboardzeichnungen enthält, stellt das i-Tüpfelchen dieser Edition dar.

Trailer:

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